Wurde UN-Generalsekretär Hammarskjöld ermordet?

SCHWEDEN Immer noch mysteriös: Im September 1961 stürzte das Flugzeug mit Hammarskjöld ab

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Nach mehr als fünf Jahrzehnten soll der mysteriöse Flugzeugabsturz erneut untersucht werden, bei dem der damalige UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld am 18. September 1961 ums Leben kam. Die UN-Mitgliedsstaaten verabschiedeten in dieser Woche eine Resolution, um den Fall neu aufzurollen. Dazu soll nun ein Expertenpanel gebildet werden.

Dag Hammarskjölds letzte Reise hatte am 17. September 1961 auf dem Ndjili-Flugplatz in Leopoldville, dem heutigen Kinshasa, begonnen. Der 56-Jährige, der seit 1953 UN-Generalsekretär war und seine zweite Amtszeit absolvierte, war zu einem Vermittlungsversuch in den Kongo gekommen. Eine UN-Blauhelmtruppe, die Kontrolle über die Bergbauprovinz Katanga, die sich für unabhängig erklärt hatte, zu erlangen versuchte, war in schwere Kämpfe verwickelt. Hammarskjöld wollte den Separatistenführer Moise Tschombé persönlich treffen, um mit ihm über einen Waffenstillstand zu verhandeln.

Tatsächlich bekam der Schwede nie Gelegenheit, seinen Vermittlungsversuch auch nur zu starten. Die DC-6 der schwedischen Fluggesellschaft Transair mit Hammarskjöld an Bord stürzte wenige Kilometer entfernt von ihrem Zielort, dem Flugplatz von Ndola – jetzt Sambia, damals Nordrhodesien –, ab. Ndola liegt nahe der Katanga-Hauptstadt Lubumbashi (damals Elizabethville). Bis auf einen Leibwächter kamen alle Insassen ums Leben.

Eine UN-Kommission kam zu keinem klaren Ergebnis: Die Absturzursache könne ein Pilotenfehler sein, aber auch Sabotage komme in Betracht. Die UN-Generalversammlung verabschiedete im Oktober 1962 die Resolution 1759, in der sie dem Generalsekretär aufgab, bei neuem Beweismaterial eine weitere Untersuchung zu veranlassen.

Retuschierte Fotos

Im September 2013 hat eine internationale Juristenkommission einen Bericht präsentiert, der über bisherige Untersuchungen hinausgehende „signifikante neue Sachverhalte“ konstatiert. (www.hammarskjoldcommission.org/wp-content/uploads/2012/03/REPORT.pdf) Man betont, „überzeugende Beweise dafür gefunden zu haben, dass das Flugzeug vor der Landung einem Angriff oder einer Drohung ausgesetzt“ gewesen sei. Generalsekretär Ban Ki Moon kündigte daraufhin im Februar 2014 eine Initiative für eine neue Untersuchung an und forderte alle Staaten auf, „relevante Informationen“ freizugeben.

Laut dem schwedischen UN-Botschafter Per Thöresson dürften damit vor allem die USA gemeint sein. Deren NSA sei laut dem Bericht der Juristenkommission seinerzeit in Ndola „physisch anwesend“ gewesen und verfüge vermutlich noch über „Top Secret“-Informationen wie aufgezeichneten Funkverkehr mit einem in der Nähe befindlichen zweiten Flugzeug. Womöglich habe dieses Flugzeug den Absturz der Hammarskjöld-Maschine verursacht. Laut einer weiteren Theorie, die sich auf Zeugenaussagen und offensichtlich retuschierte Fotos des Leichnams von Hammarskjöld stützt, könnte der Generalsekretär nach dem Absturz noch gelebt und mit einem Schuss in die Stirn getötet worden sein.