Griechen räumen Konten leer

AUSTRITT? 2,5 Milliarden Euro wurden im Dezember abgehoben. In Deutschland wird wieder lauter über Ausscheiden Griechenlands aus der Gemeinschaftswährung diskutiert

Die Griechen hätten „kein Erpressungspotenzial mehr“, sagt der CDU-Politiker Fuchs

ATHEN/BERLIN dpa/rtr | Knapp vier Wochen vor den vorgezogenen Parlamentswahlen wachsen die Sorgen vieler Griechen vor einer erneuten Zuspitzung der Wirtschafts- und Schuldenkrise. Aus Angst vor politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen hoben im Dezember zahlreiche Sparer und Unternehmen insgesamt 2,5 Milliarden Euro von ihren Bankkonten ab.

Die derzeitige „Mini-Kapitalflucht“ sei ungewöhnlich und lasse sich nur damit erklären, dass die Bürger sich große Sorgen angesichts der vorgezogenen Wahlen am 25. Januar machen, berichtete die konservative Athener Zeitung Kathimerini am Mittwoch. Die Tendenz, Geld abzuheben, hatte demnach bereits im November im Umfang von rund 200 Millionen Euro begonnen. Ein Ansturm auf die Banken sei dies nach Schätzungen von Fachleuten eindeutig nicht. Die Entwicklung zeige aber die Besorgnis der Anleger, hieß es in dem Zeitungsbericht.

Die Banken wollen jetzt verstärkt darauf achten, dass auf keinen Fall ein „Bank Run“ ausgelöst wird: Die Institute sorgten dafür, dass alle Geldautomaten ausreichend mit Geld bestückt sind, sagte ein Bankdirektor der Deutschen Presse-Agentur.

Nach der Entscheidung für vorgezogene Wahlen gewinnt auch in Deutschland die Debatte über einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone an Fahrt. „Die Zeiten, in denen wir Griechenland retten mussten, sind vorbei. Es gibt kein Erpressungspotenzial mehr“, erklärte der stellvertretende Unionsfraktionschef Michael Fuchs und verwies auf die neuen Sicherungsmechanismen der Währungsgemeinschaft. „Griechenland ist nicht systemrelevant für den Euro.“ Weiter sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post: „Wenn Alexis Tsipras von der Syriza meint, er könne die Reformanstrengungen und Sparmaßnahmen Griechenlands zurückfahren, dann wird die Troika aber auch die Kredite für Griechenland zurückfahren müssen.“ Das Linksbündnis Syriza könnte nach Umfragen bei der Parlamentswahl stärkste Kraft werden.

Des Chef des Münchener ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, empfahl den Griechen den Euroaustritt. „Weitere Schuldenschnitte werden immer wieder gewährt werden müssen, außer man entlässt das Land aus dem Euro und erlaubt ihm, durch eine Abwertung wieder wettbewerbsfähig zu werden“, erläuterte Sinn im Tagesspiegel.

Dagegen warnte Grünen-Chefin Simone Peter in der Welt: „Für Griechenland wären die Folgen dramatisch, und auch die Eurozone hätte mit negativen Konsequenzen zu kämpfen“. Die Grünen-Bundesvorsitzende forderte für die Zeit nach der Wahl Gespräche mit Griechenland darüber, wie die Schuldenlast gesenkt und Investitionen angeregt werden könnten.

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