Der Süden klemmt mit der Knete

ZUM LÄNDERFINANZAUSGLEICH

Müller wäre wohl eher Oberbürgermeister als Landeschef, wenn die CSU sich durchsetzt

In Italien tragen sie diesen Konflikt ja mit härteren Bandagen aus, aber die Sichtweisen sind im Grunde ähnlich: Was der Lega Nord als „Roma ladrona“ erscheint, als das räuberische Rom, das den hart arbeitenden Norditalienern das Geld aus der Tasche zieht, ist Berlin für Bayern und Baden-Württemberg: die Party-Hauptstadt, die ihren Flughafen nicht hinbekommt und dem strebsamen Süden Milliarden für ihr Dolce Vita abverlangt.

Jetzt, in der Diskussion um die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs, bricht der Konflikt wieder auf: Die beiden Südländer schlagen in trauter Grünen-CSU-Einigkeit vor, dass Berlin künftig aus dem Länderfinanzausgleich herausgenommen wird und sein Geld zukünftig direkt vom Bund erhält. Berlins neuer Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) lehnte das diese Woche umgehend ab. Groß was anderes bleibt ihm auch nicht übrig: Denn die derzeitige Regelung des Länderfinanzausgleichs sieht für Berlin einen gesetzlichen Anspruch auf derzeit 3,3 Milliarden Euro jährlich vor, bei einer Zahlung vom Bund wäre Berlin auf das Wohlwollen der jeweiligen Bundesregierung angewiesen. Und ob Berlin dann noch ein richtiges Land mit Stimmrecht im Bundesrat wäre und Müller nicht eher ein Oberbürgermeister als ein Landeschef, ist ebenfalls offen.

So weit wird es nicht kommen. Im Verhandlungspoker zielt die Maximalforderung aus dem Süden vor allem auf einen Berechnungsfaktor im Länderfinanzausgleich: die sogenannte Stadtstaatenveredelung, bei der die Einwohnerzahl von Hamburg, Bremen und Berlin mit 135 Prozent gewertet wird, um die höheren Ausgaben von Großstädten auszugleichen. Sie könnte verringert werden, der Bund dafür seinen Anteil für hauptstadtbedingte Aufgaben aufstocken.

Berlin kompensiert mit dem Länderfinanzausgleich noch immer fehlende Steuereinnahmen. Die eigenen Bürger sind zu arm, es gibt zu wenig erfolgreiche Unternehmen. Geschuldet ist das vor allem der Umbruchsituation nach 1989, als die Bundes-Subventionen im Rahmen der Berlinhilfe wegfielen und die künstlich am Leben erhaltenen Firmen im Westteil ebenso dichtmachten wie die nicht konkurrenzfähigen Ost-Unternehmen. Dennoch stimmte der Diepgen-Senat zu, sich ab 1995 über den Länderfinanzausgleich statt vom Bund bezuschussen zu lassen. Das konnte aber nur rund die Hälfte der Bundesgelder ersetzen. Nun erscheint dem Süden auch das zu viel. MARTIN REEH