Jukebox

Fast eine Marke

Auf Polnisch heißt „Swayzak“ Vereinigung oder Einheit. Das passt einerseits immer, wenn es um Musik geht, hat aber andererseits konkret wenig mit der minimalistischen und souligen Elektronik der gleichnamigen britischen Band zu tun. So augenzwinkernd, wie David Brown und James Taylor auf ihrer Webseite auf die Bedeutung verweisen, haben sie bei Gründung davon auch nichts gewusst. Vermutlich haben sie auch nicht an Patrick Swayze gedacht. Doch als sie sich bei ihrem dritten Album eine etwas kommerziellere, Dancefloor-kompatible Ausrichtung gaben, konnten sie sich den Kalauer doch nicht verkneifen, ihr Album nach dem Film zu benennen, der die Schmalzlocke einst berühmt gemacht hatte. Und irgendwie ist der Name auch Programm. Denn „Dirty Dancing“ (2002) ist das Electroclash-Album der Band, die sich sonst so schwer kategorisieren lässt. Und seinerzeit, bevor Electroclash abgestanden, schal und wie der dritte Aufguss einer Achtziger-Jahre-Ästhetik wirkte, trug das Genre ja durchaus das Versprechen in sich, das Verruchte, eine kühle Sexiness, zurück in die Clubs zu bringen. Die Puristen, die Swayzak noch von ihrem reduziert-dubbig-technoiden Debüt „Snowboarding in Argentina“ (1998) kannten, waren bei Erscheinen entsetzt und empfanden die vermeintliche Anbiederung an den Zeitgeist als Zumutung. Doch ganz so negativ werden auch sie das heute nicht mehr sehen. Denn obwohl die Platte nicht allzu gut gealtert ist, wie vieles aus dem Electroclash-Umfeld, kann man an „Dirty Dancing“ den Ursprung zweier Entwicklungen sehen, die den gegenwärtigen Sound von Swayzak positiv beeinflusst haben. Zum einen, dass sie trotz ihrer minimalistischen Ästhetik nicht mehr Tracks produzieren, in deren Dramaturgie man sich mühevoll einhören muss, sondern mit dem Song-Format umzugehen wissen. Das Resultat sind Stücke, die nicht nur im Club, sondern in vielen Lebenslagen funktionieren. Zum anderen, dass Swayzak, wie sie stolz betonen, „nicht mehr nur zwei Männer sind, die im zum Tonstudio umgebauten Schlafzimmer ihre Musik basteln, sondern eine Familie, ein Kollektiv, fast eine Marke“. So arbeiteten sie erstmals auf „Dirty Dancing“, in dem sie viele MPs durch die Welt schickten und Freunde zur Mitarbeit aufforderten. Bei Swayzak dürfen auch die Sänger mehr, als ihre Stimmen über die Tracks legen. Das ist immer noch so, weswegen die Record Release Party heute mit vielen Gästen stattfindet. STEPHANIE GRIMM