„Ich weiß, was ich wert bin“

Die Doku „Haus – Halt – Hilfe. Arbeiten im fremden Alltag“ beschäftigt sich mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen von sieben Haushaltshilfen – und den damit verbundenen gesellschaftlichen Zusammenhängen

Damit es „in Sachen Haushalt“ klappt, berichtet die FDP-Politikerin und Unternehmensberaterin Silvana Koch-Mehrin via Thea Dorns Anti-Eva-Hermann-Interview-Buch „Die neue F-Klasse“, haben sie und ihr Partner James Candon sich „als zusätzliche friedenserhaltende Maßnahmen“ eine Spülmaschine angeschafft – und eine Haushaltshilfe. Damit liegen die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“-Botschafterin und der Vater ihrer zwei Kinder voll im Trend. Nach Schätzungen arbeiten bundesweit längst in mehr als vier Millionen Privathaushalten Menschen in so genannten „haushaltsnahen Beschäftigungen“, überwiegend Frauen. Die große Mehrheit stellen dabei Migrantinnen – und insbesondere Illegalisierte. Allein für Hamburg gehen Schätzungen von 100.000 Menschen ohne gültige Papiere und damit ohne jede soziale Absicherung aus. Für diese ist die verborgene und meist schlecht bezahlte Arbeit im „fremden Alltag“ oft die einzige Erwerbs- und Existenzmöglichkeit.

Obwohl die Putzfrauen, Hausangestellten und Au-pair-Mädchen für das Funktionieren der neuen „Beziehungsarrangements“ längst eine zentrale Rolle spielen, kommt diesen Arbeiten eine entsprechende gesellschaftliche Akzeptanz nicht zu. Das zu ändern hat sich die Regisseurin Petra Valentin mit ihrer Dokumentation „Haus – Halt – Hilfe. Arbeiten im fremden Alltag“ vorgenommen. Der Film, der am Dienstagabend im Abaton zu sehen ist, beleuchtet die Arbeits- und Lebensbedingungen von acht Haushaltshilfen aus Deutschland, Polen, Peru und von den Philippinen – sieben Frauen und ein Mann – und fragt nach den gesellschaftlichen Zusammenhängen. Valentin lässt ihre ZeugInnen erzählen, ohne sie zu inszenieren, folgt ihnen an den meist noblen Arbeitsplatz oder in die triste Unterkunft.

Zwei von ihnen, die PhilippinInnen Maria und Jed, halten sich illegal in Deutschland auf, in ständiger Angst, aufgegriffen und ausgewiesen zu werden. Maria hat ihre Tochter im Alter von drei Monaten zu Hause zurücklassen müssen. Seit dreizehn Jahren hat sie sie nicht mehr gesehen – die Illegalität verhindert die Aus- und Wiedereinreise. Aus diesem Grund wehrt sich Maria auch nicht gegen ihre Arbeitgeber, die ihr dafür, dass sie rund um die Uhr zur Verfügung steht, nur einen Hungerlohn zahlen: Sie braucht jeden Euro, um die Kinder in der Heimat zu unterstützen. Auch die Polin Margaret finanziert mit dem Geld, das sie fürs Putzen, Waschen und Bügeln bekommt, das Studium ihrer Tochter. Sie allerdings hat einen gesicherten Aufenthaltsstatus und kann ihre Familie von Zeit zu Zeit auch besuchen.

Der Fall von Delia aus Peru wiederum zeigt eine ganz andere Facette. Sie ist als Au-pair-Mädchen in Deutschland. Auf der Flucht vor der Ausbeutung durch die eigene Familie hat sie sich selbst eine neue, „bessere“ gesucht. Und auch Pia aus Deutschland geht mit ihrem Job selbstbewusst um. Für sie bedeutet er vor allem Unabhängigkeit – und ermöglicht den jährlichen Skiurlaub der Familie. Ulla hingegen, ebenfalls aus Deutschland, findet, das „Schlimme an der Hausarbeit ist, dass sie nie aufhört, nie zu Ende ist“. Sie ist auf das Geld dringend angewiesen. Und einen anderen Job kann sie nicht annehmen, weil sie ihre eigenen Kinder betreuen muss.

„Haus – Halt – Hilfe“ zeigt diese Menschen in ihrer zwiespältigen Situation zwischen Ausgeliefertsein und Selbstbehauptung, Humor und Trennungsschmerz. Valentin entwickelt ein facettenreiches Bild vom Mikrokosmos der im Verborgenen stattfindenden Arbeit im „fremden Alltag“, einer Arbeit, für die die Leistenden anerkannt und respektiert werden wollen. Denn „Putzen ist eine Kunst“, weiß Margaret. Und auch Pia weiß, „was ich wert bin, was meine Arbeit wert ist und ich seh überhaupt nicht ein, dass ich den ‚Duckmäuser‘ machen muss, nur weil ich putzen gehen muss“.

Am Dienstag präsentiert und diskutiert Petra Valentin ihren Film im Abaton. Zu Gast ist zudem die Pastorin Fanny Dethloff – Flüchtlingsbeauftragte und Vorsitzende der ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“.ROBERT MATTHIES

Di, 28. 8., 19.30 Uhr, Abaton, Allende-Platz 3