Präsident Lukaschenko knöpft sich jetzt das Internet vor

WEISSRUSSLAND Neues Gesetz erschwert Arbeit von Medien im Netz. Zwei Verwarnungen – raus bist du

Erste Erfahrungen mit Netzblockaden machten die Weißrussen Mitte Dezember 2014

BERLIN taz | Weißrusslands Dauerdiktator Alexander Lukaschenko hat sich eine neue Volte einfallen lassen, um die Freiheit und Unabhängigkeit der Medien noch weiter einzuschränken. Die Neufassung eines entsprechenden Gesetzes, das am 1. Januar 2015 in Kraft trat, versucht vor allem dem Internet den Garaus zu machen. Beobachter sehen diese Maßnahme auch im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen im Herbst, bei denen Lukaschenko erneut antreten will.

So werden Nachrichtenportale und Blogs der Kontrolle des Informationsministeriums unterstellt. Dieses kann Seiten verwarnen, die „illegale“ Inhalte publizieren. Bei zwei Verwarnungen innerhalb eines Jahres kann der Zugang zu den „inkriminierten“ Seiten blockiert werden – ohne Gerichtsbeschluss.

Zu den illegalen Inhalten gehören die Unterstützung von Krieg und Extremismus, Texte pornografischer, gewalttätiger oder grausamer Natur sowie eine Berichterstattung, die „den Interessen der weißrussischen Nation schadet“. Zudem sieht das Gesetz die Schaffung von zwei Registern für die Anbieter von schriftlichem und audiovisuellem Content sowie die Betreiber von Websites vor. Die Aufnahme in diese Register muss beim Informationsministerium beantragt werden, um legal arbeiten zu können. Wer registriert, jedoch zweimal verwarnt worden ist, fliegt aus dem Register und verliert seine Anbieterrechte.

Auch Lukaschenkos Ziel, Weißrussland vor destruktiven ausländischen Einflüssen zu schützen, wird in dem Gesetz Rechnung getragen. Ausländer dürfen an weißrussischen Medien künftig nur noch maximal 20 Prozent Anteile halten.

Erste Erfahrungen mit Netzblockaden machten die Weißrussen bereits Mitte Dezember 2014. Mehrere unabhängige Seiten wie die der Nachrichtenagentur BelaPAN oder der Menschenrechtsorganisation Chartija 97 waren tagelang nicht erreichbar. Sie hatten über eine Abwertung des weißrussischen Rubels, ein Verbot von Preiserhöhungen sowie eine 30-prozentige Steuer auf den Umtausch einheimischer Währung in Devisen berichtet.

„Die Zensur einer öffentlichen Debatte wird die wirtschaftliche Situation nicht verbessern, geschweige denn das Gefühl von Panik ausräumen. Im Gegenteil. Der Bedarf der Öffentlichkeit an solchen Webseiten ist vor allem in Zeiten einer Krise immens. Deshalb muss der Zugang zu den Seiten unverzüglich wiederhergestellt werden“, sagte Johann Bihr von der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG). Laut ROG-Index für Pressefreiheit 2014 belegt Weißrussland von 180 Staaten den 157. Platz. Unter dem novellierten Mediengesetz dürfte es noch weiter abwärts gehen.

BARBARA OERTEL