„Wir wollen religiöse Bildung“

Während sich der Islamunterricht anderswo in der Probephase befindet, führt die katholische Michaelschule in Papenburg das Fach mit dem neuen Schuljahr ein. Muslime seien „mit Hochachtung“ zu betrachten, erklärt das zuständige Bistum Osnabrück

MICHAEL SOMMER, 58, unterrichtete Deutsch, Biologie und Religion und war Schulleiter. Bei der Schulabteilung des Bistums Osnabrück ist er für die Schulaufsicht über die Michaelschule zuständig.

INTERVIEW: DANIEL WIESE

taz: Herr Sommer, warum führen Sie in Papenburg islamischen Religionsunterricht ein?

Michael Sommer: Wir nehmen es uns als Tendenzbetrieb heraus, dass an unseren Schulen alle Schüler am Religionsunterricht teilzunehmen haben. Kinder, die keiner Religion angehören, müssen sich für den evangelischen oder katholischen Religionsunterricht entscheiden. Nun haben wir an der Michaelschule eine größere Anzahl von muslimischen Kindern. Wir möchten diese Kinder nicht zwingen, an einem christlichen Religionsunterricht teilzunehmen.

Und was ist mit dem Alternativfach „Normen und Werte“? Das gibt es in Niedersachsen doch auch.

Wir wollen religiöse Erziehung und religiöse Bildung, und das geht nach unserem Verständnis nur im Rahmen des konfessionellen Religionsunterrichts. Wenn wir aber eine so große Zahl muslimischer Kinder haben, müssen wir das denen auch ehrlicherweise anbieten.

Das klingt logisch. Warum ist das nicht schon längst woanders passiert?

Diese Frage müssen wir uns auch stellen, aber wir haben sie jetzt beantwortet. Wir hatten einen Vorlauf von anderthalb bis zwei Jahren, in dem ein Islamwissenschaftler der Universität Osnabrück und ein islamischer Religionspädagoge der Universität Münster mit uns zusammen ein Curriculum erstellt haben.

Und die sind beide Muslime?

Der eine ist ein deutschstämmiger Muslim, bei dem anderen handelt es sich um einen türkischen Muslim.

Und was sagt die Moscheegemeinde in Papenburg dazu?

Wir haben sowohl das Curriculum wie auch das Vorhaben selbst und die Verantwortlichen den muslimischen Elternvertretern und der Moscheegemeinde vorgestellt. Die haben das mit großer Begeisterung aufgenommen.

Da haben Sie Glück, dass es in Papenburg nur eine Moscheegemeinde gibt.

Ja, das ist richtig, die Positionierung der Moscheegemeinden in einem größeren Umfeld sind wohl sehr unterschiedlich, sowohl religiös als auch politisch. Das würde das erschweren. Auf der anderen Seite könnte ich mir vorstellen, dass es auch einen Konsens gibt, wenn man sagt, wir bieten das erstmal an.

Vor einem Jahr hat der Papst die islamische Welt gegen sich aufgebracht, weil er einen byzantinischen Kaiser mit den Worten zitierte, der Prophet Mohammed habe nicht Gutes gebracht. Wollen Sie das wieder gut machen?

Der große Hintergrund ist eigentlich das Dokument „Nostra Aetate“ vom zweiten Vatikanischen Konzil, in dem zum Ausdruck gebracht wird, dass die katholische Kirche die Muslime mit Hochachtung betrachtet. Dort sind Menschen, die sich der religiösen Frage, der Suche nach Gott, stellen. Auf dieses Dokument hat sich übrigens auch der jetzige Papst mehrfach bezogen. Dieses Zitat aus seiner Rede ist ja von bestimmten politischen Interessengruppen hochgespielt worden.

Und wie sieht nun der Islam-Lehrplan aus?

Bei uns sind in jedem Jahr etwa 15 Prozent der Themen Dialogthemen, die den muslimischen wie auch den evangelischen und katholischen Religionsunterricht berühren. Die großen monotheistischen Religionen haben alle den Stammvater Abraham, das ist so ein Thema, oder bestimmte religiöse Feste, die gefeiert werden.

Das gilt auch für den katholischen Lehrplan?

Genau, das soll bis zur Möglichkeit des Team-Teachings und des Austauschs von Lehrkräften gehen. Wir legen Wert darauf, dass muslimische Schüler emanzipativ die katholische Schule besuchen. Die Religionsgruppen an der Schule sollen voneinander wissen, und das mit Hochachtung.

Und wer wird Islam unterrichten?

Ein muslimischer Religionslehrer, den wir angestellt haben. Er ist Islamwissenschaftler und hat an dem Lehrplan mitgearbeitet.