Fahnder entdecken elf Tonnen Gammelfleisch

Ein bayerischer Händler, der ungenießbares Puten- und Rindfleisch an Dönerproduzenten verkaufen will, fliegt auf

MÜNCHEN taz ■ Wieder einmal durch Zufall ist in Bayern gammeliges Fleisch gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft Memmingen teilte am Dienstag mit, dass am vergangenen Freitag in Wertingen elf Tonnen ungenießbares Puten- und Rindfleisch sichergestellt worden seien. Diese sollten nach Berlin an einen Dönerhersteller geliefert werden.

Nach Angaben der Ermittler hatte der Betrieb „Wertfleisch GmbH“ bereits im Juli 20 Tonnen verdorbene Ware ausgeliefert. Dieses Fleisch ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft wahrscheinlich schon in Berliner Dönern gelandet. Für den Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie und die bayerische Opposition ist der jüngste Fund Zeichen einer mangelhaften Lebensmittelüberwachung.

Die Lieferung kam aus Schleswig-Holstein. Sie war ordnungsgemäß als lebensmitteluntaugliche „K3“-Ware deklariert. Dem Speditionsfahrer, der die Ware am vergangenen Freitag brachte, fiel nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf, dass der Ehemann der Geschäftsführerin das Fleisch an einem möglichst unauffälligen Ort abladen wollte.

Zudem begann der Fleischhändler sofort nach dem Ausladen, die „K3“-Kennzeichnung der Waren zu entfernen. Der Beschuldigte gab bei der Polizei zu, er habe ohne Wissen seiner Frau geplant, dieses Fleisch an einen Döner-Produzenten in Berlin zu verkaufen. Nach Angaben der Landtagsopposition ist die jetzt entdeckte „K3“-Ware der sechste gravierende Gammelfleischfund im Freistaat seit August 2006.

„Und wieder einmal ist der Skandal nicht von den Kontrollbehörden aufgedeckt worden“, klagt der SPD-Abgeordnete Herbert Müller. „Das Maß an Inkompetenz in der staatlichen Lebensmittelüberwachung ist durch nichts mehr zu überbieten.“

Der bayerische Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) habe vielfach Verbesserungen bei den Kontrollen angekündigt, so Müller, der auch im Untersuchungsausschuss Wildfleisch sitzt. – „Aber offenbar ist das Umetikettieren und Verkaufen verdorbener Ware gang und gäbe.“ Das bayerische Verbraucherschutzministerium stellt den Gammelfleischfund dagegen als Erfolgsmeldung dar. Der Aufmerksamkeit eines Lkw-Fahrers und der reibungslosen Zusammenarbeit der Strafverfolgungs- und Lebensmittelbehörden sei es zu verdanken, „dass den kriminellen Machenschaften binnen 24 Stunden das Handwerk gelegt wurde“. Die Spezialeinheit des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit habe den Betrieb sofort überprüft und Proben gezogen.

Der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie (BDF) in Bonn weist darauf hin, dass in erster Linie Kleinbetriebe vom Handel mit „K3“-Fleisch betroffen seien. „Solche Funde lösen natürlich Bestürzung aus bei den fleischverarbeitenden Industrieunternehmen“, so BDF-Sprecher Thomas Vogelsang zur taz. Es gehe aber immer nur um kleine Mengen.

Tatsächlich sind 20 Tonnen Fleisch eine vergleichsweise kleine Menge in der Bilanz der deutschen Fleischwirtschaft. Aber auch die Supermarktkette „Real“ hatte bereits umetikettiertes Fleisch im Regal, und aus Niederbayern wurden 2005 an verschiedene große Handelshäuser Suppendosen mit Gammelfleisch geliefert.

Auch der Fleischwarenverband wünscht sich nach Angaben von Vogelsang bessere Behördenkontrollen. Ein Problem dabei sei die Länderzuständigkeit. „Man merkt schon Unterschiede bei der Überwachung in den Bundesländern.“ Die wiederholten Funde in Bayern seien seiner Meinung nach nicht auf die gute Überwachung zurückzuführen, sondern im Gegenteil auf einen zu geringen Kontrolldruck. MAX HÄGLER