THEATER

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Von der Krise des Journalismus ist immer wieder zu lesen. Diese Krise strahlt ins Theater aus, wo längst Künstlerinnen und Künstler mit Rechercheprojekten die Rolle klassischer Journalisten übernehmen. Manche freie Gruppen aber besetzen bereits Plätze der Politik im umbrechenden Gefüge der Öffentlichkeit, organisieren Formen von Intervention und Einmischung in politische Prozesse und Fragen, die nicht mehr auf Einzelprojekte beschränkt sind. Aus freien Theatergruppen werden NGO-ähnliche Strukturen, aus Performern Aktivisten. So erregte jüngst der Mauerkreuzklau des „Zentrums für Politische Schönheit“ Aufsehen, womit zum Jahrestag des Mauerfalls auf die neuen Toten an Europas Außengrenzen aufmerksam gemacht werden sollte. Die Kuratoren Florian Malzacher, Jonas Staal und Joanna Warsza haben nun erstmals über zwanzig internationaler Gruppen zu dem zweieinhalbtägigen Kongress „Artist Organisations International“ ins HAU geladen, dessen Arbeiten den Begriff des Politischen Theaters einer Neudeutung unterziehen: darunter der Schweizer Milo Rau und sein „Institut for Political Murder“, die russische Formation „Chto Delat“, Federico Zukerfeld und Loreto Garín von der brasilianischen „Grupo Etcétera“ oder die israelische Kunstaktivistin Yael Bartana. Das „Zentrum für Politische Schönheit“ ist auch dabei. In Vorträgen und Diskussionen wollen die Gruppen Einblicke in Arbeitsweisen und künstlerische Formate geben. (HAU 1, 9.–11. 1., www.hebbel-am-ufer.de).

Durch ein Katastrophenszenario führt der Abend „Posen in Angst“ des Duos Johannes Wenzel und Przemek Zybowski, nämlich durch eine Welt, die unheilbar von einem Virus heimgesucht wird, der sich online verbreitet. Die EU stürzt ins Chaos. Nur Osteuropa ist noch nicht infiziert. Im Jahr 2040 hat jeder Mensch eine implantierte IP-Adresse und ist online mit einer Cloud namens „Bewusstsein“ dauerhaft verbunden. Gruselig? Kann man wohl sagen! (Ballhaus Ost: „Posen in Angst“, 8., 9. & 10. 1., jeweils 20 Uhr).

Der Himmel über Deutschland und Europa ist theoretisch seit über fünfundzwanzig Jahren nicht mehr geteilt. Aber der Phantomschmerz dieser Teilung strahlt doch bis in die Gegenwart. Kurz nach dem Bau der Mauer hat Christa Wolf ein sehr berühmtes Buch über die Teilung und ihre Folgen für eine große Liebe geschrieben, dessen Titel „Der geteilte Himmel“ zur Metapher wurde. In der Schaubühne inszeniert nun Armin Petras, der unter diesem geteilten Himmel aufgewachsen ist, den Stoff. Bis 2013 hat Petras das Gorki-Theater geleitet und ist heute Intendant in Stuttgart. (Schaubühne: „Der geteilte Himmel“, Premiere 13. 1., 20 Uhr).