HERMANNUS PFEIFFER ÜBER NIEDRIGE ÖLPREISE UND DIE DEFLATION
: Wenig Grund zur Freude

Der Preis der wichtigen Ölsorte „Brent“ sackte erstmals seit dem Frühjahr 2009 unter die 50-Dollar-Marke. Nach und? Der rasant fallende Ölpreis mag ein Problem für Preisstatistiker und Volkswirte sein. Schließlich droht zumindest auf dem Papier Deflation. Verbraucher und Investoren könnten deshalb mit ihren Käufen zu lange warten, weil sie auf künftig noch tiefere Preise hoffen. Doch ohne solche Bedenken gering schätzen zu wollen: Der Fall des Ölpreises drückt die allgemeine Preisentwicklung doch nur „künstlich“ nach unten. So blieben die Lebensmittelpreise konstant und Dienstleistungen wurden sogar teurer.

Deflation hin oder her: Vorerst ist der wirtschaftliche Nutzen fallender Ölpreise größer als eventuelle Nachteile einer „Inflation“ von minus 0,2 Prozent. Zugegeben, die Zeche zahlen einige Ölförderländer und Staaten wie Nigeria, Russland oder Venezuela, deren öffentliche Haushalte von einem Ölpreis von über 100 Dollar abhängig sind. Viele andere profitieren jedoch: Saudi-Arabien und Konsorten, die mit zunehmenden Fördermengen unliebsame Konkurrenten aus dem Markt schlagen wollen; Deutschland und Frankreich, deren Exportindustrien sich über sinkende Kosten freuen; Asiens Zentralbanken, die mit Mini-Zinssätzen das üppige Wachstum in China und umliegenden Tigerstaaten befeuern werden.

Zur nachhaltigen Freude gibt es trotzdem wenig Grund. „Was nichts kostet, ist nichts“, wusste schon meine Oma. Dumpingpreise dürften den rücksichtslosen Verbrauch von Energierohstoffen noch lange Zeit stimulieren. Menschen, Klima und Umwelt können sich jetzt schon einmal bedanken. Und die Akteure auf den Finanzmärkten werden immer nervöser: Fehlende Stabilität könnte die positiven Effekte von niedriger Inflation und Ölpreis schnell auffressen.

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