Jasmin Tabatabai kann singen, Rolf Zacher eher nicht

Der singende Schauspieler ist ein seltsam Tier. In letzter Zeit ist er seltener geworden, doch noch lange nicht vom Aussterben bedroht. Die verbliebene Population teilt sich in zwei Spezies ein: In freier Wildbahn kommt vor allem der singende Schauspieler vor, der schon immer gesungen hat, singen kann und weiter singen wird, aber einer breiteren Öffentlichkeit vor allem durch die Schauspielerei bekannt geworden ist. Die zweite Spezies ist eigentlich gar kein singender Schauspieler, sondern zumeist ein reinrassiger Schauspieler, der auch mal singen wollte, meist nicht singen kann und es tunlichst auch lassen sollte.

Jasmin Tabatabai gehört eindeutig zur ersten Spezies. Die gebürtige Iranerin ist schon immer zweispurig gefahren, studierte in Stuttgart Musik und Schauspiel und gründete ihre Band Even Cowgirls Get The Blues zwei Jahre bevor sie mit „Die Mediocren“ den Durchbruch vor der Kamera schaffte. Ihr größter Erfolg gelang Tabatabai, die zuletzt auch als Schriftstellerin reüssierte, als sie ihre beiden Talente für „Bandits“ verknüpfen konnte. Aber auf „Eine Frau“ sind weder der Kuhpunk ihrer ersten Band noch der Poprock aus dem Erfolgsfilm zu hören: Stattdessen versucht Tabatabai, wie viele vor ihr, dem zunehmenden Alter mit einer Hinwendung zum verführerischen Chanson und verrauchten Jazz zu trotzen. Unterstützt vom David Klein Orchester singt sie einige der einschlägigen Klassiker wie „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“ von Friedrich Hollaender und vertonte Tucholsky-Gedichte, während ihr Klein einen meist recht flauschigen Teppich aus Streichern, Flöten und Glöckchen legt, über dem die mittlerweile 44-Jährige ganz geglückt die Nachfolge der großen Hildegard Knef antritt. Problematisch bis zur Parodie wird der Imagewandel bisweilen bei dem Material, das eigens für das Album geschrieben wurde. Dem fehlt oft die Eleganz der alten Gassenhauer, stattdessen muss Tabatabai arg schüttelgereimte Zeilen singen: „Für Ute trug ich Jute, darauf bestand die Gute, denn sie war so für Ökologie.“ Aber singen kann sie, immerhin.

Was man von Rolf Zacher nicht eben behaupten kann. Der gehört eher zu zweiter Kategorie. Wenn auch nicht ganz eindeutig, schließlich hat er in den siebziger Jahren bei den als Krautrock getarnten Schreitherapien der Kommune Amon Düül mitgegröhlt, später in dem einen oder anderen Musical gespielt und vor drei Jahren sein Debütalbum herausgebracht. Der deutsche Rolling Stone befand damals: „Singen kann er nicht.“ Aber immerhin trage der 70-Jährige die Lieder „so überzeugend vor, wie das nur möglich ist“. Nun gibt es mit „Danebenleben“ eine Fortsetzung, auf der Zacher wieder bedeutungsschwanger vorträgt. Er beschwört „all die wilden Jahre“ und zitiert Udo Jürgens („die Muschi fährt im Pferdestall Motorrad“), er verkündet ganz neue Weisheiten („Was uns nicht umbringt, macht uns stark“) und völlig absurden Quatsch („die fetten Jahre sind vorbei, heute ist alles nur Kartoffelbrei“). Vor allem kultiviert Zacher bis zur Penetranz eine Spezies, die ruhig mal aussterben könnte: den einsamem Wolf. THOMAS WINKLER

■ Jasmin Tabatabai & David Klein Orchester: „Eine Frau“ (Edel)

■ Rolf Zacher: „Danebenleben“ (Premium/Soulfood), live am 8. 11. im Heimathafen