Kicker-Kino für umsonst

In der 9. Maritimen Woche der BLG zeigt das Kino 46 bei freiem Eintritt Fußballfilme

Beim klassischen Erzählkino reichen runde 90 Minuten für eine Geschichte aus. Die menschliche Blase sollte nicht zu sehr überfordert werden - so ein berühmtes Diktum von Alfred Hitchcock. 2 mal 45 Minuten scheint auch das ideale Maß für das Fußballspielen zu sein, und wie lang diese beiden Halbzeiten für einen einzelnen Spieler sein können - wie viel er in ihnen herumrennen, stehen, die Position wechseln, genau das Spiel der Anderen beobachten und (vergleichsweise wenig) in Ballkontakt kommen kann, das zeigte in den frühen 70er Jahren der deutsche Experimentalfilmer Helmuth Costard in seinem verblüffenden Film „Fußball wie noch nie - George Best“ . In der Echtzeit eines englischen Ligaspiels zwischen Manchester United und Coventry wurde von mehreren Kameras nur der damals berühmte Linksaußen George Best aufgenommen. Da es keine Totalen gibt, und die Kameras immer so nah wie möglich an dem einzelnen Spieler blieben, fehlt dem Film fast völlig die gewohnte Dramaturgie des Spiels. Der Ball ist nun dann zu sehen, wenn er tatsächlich in die Nähe von Best kommt und wenn dieser dann tatsächlich ein Tor schießt, wird das im Film genauso distanziert dokumentiert und montiert wie jeder andere Moment des Spiels. Durch diese ungewöhnliche Perspektive bekommt der Zuschauer ein ganz anderes Gefühl für das Spiel. Die Beschränkung auf eine Perspektive ist in Filmen über den Fußball sehr beliebt - wohl auch, um andere Bilder vom Sport als die im Fernsehen allgegenwärtigen zu bekommen. Viele der in dem Programm „Kurzpässe“ präsentierten Kurzfilme zeigen so das Spiel aus einem ungewohnten Blickwinkel. So sieht man in „Spielerfrauen“ drei mondäne Gattinnen von Bundesligaspielern in ihrer Stammkneipe, wo sie ein Spiel ihrer Männer ansehen und kommentieren. In dem dokumentarischen Kurzfilm „Wir sind dir treu“ wird der Einpeitscher in einer Fankurve gezeigt, der während einer Partie die Gesänge und Sprechchöre der Gefolgsleute seiner Mannschaft dirigiert.

Der Blickpunkt macht auch den iranischen Film „Offside“ von Jafar Panahi so außergewöhnlich. Er wurde teilweise im Fußballstadion von Teheran während des WM-Qualifikationsspiels Iran gegen Bahrain gedreht, aber auch hier gibt es kaum Bilder vom der eigentlichen Partie. Statt dessen wird die höchst seltsame Geschichte einiger junger Frauen erzählt, die als Fußballbegeisterte unbedingt dieses Spiel auf den Rängen miterleben wollen. Da es aber nach streng islamischer Sitte Frauen nicht erlaubt ist, in Sportstadien zu gehen, verkleiden sich die Frauen als männliche Fans und werden natürlich prompt erwischt. Wie sie dann in einem Außenbereich des Stadions, wo sie alles hören, aber nichts sehen können, von peinlich berührten Männern der Miliz eingepfercht und überwacht werden, ist so differenziert, komisch und behutsam erzählt, dass man im Laufe das Spiels und Films viel über das Alltagsleben junger Menschen im heutigen Iran erfährt. Frauen und Fußball ist auch das Thema des deutschen Spielfilms „FC Venus“ , der von einer Frauenfußballmannschaft erzählt, die sich gegen die Vorurteile und Spießigkeit der männlichen Fußballer durchzusetzen versteht.

Eine Woche lang zeigt das Kino 46 in der von der BLG veranstalten „Maritimen Woche“ insgesamt 18 Film über den Fußball, der Höhepunkt dürfte der „lange Werder Nacht“ am Samstag sein, wo neben der von Werderfans gedrehten Dokumentation „Die Fans sind wir“ auch Beiträge aus dem Radio-Bremen-Archiv über die Geschichte des Vereins gezeigt werden.

Wilfried Hippen