Keine Geschäfte am Telefon

betr.: „Everything’s not lost“, Das Schlagloch von Reneé Zucker, taz vom 22. 8. 07

Liebe Frau Zucker, niemand hat bisher den Sittenverfall durch die Callcenter und die daraus resultierenden Folgen für uns normal Sterbliche so entzückend benannt wie Sie. Es ist ja nicht nur so, dass man ihnen nicht entgehen kann, wenn man etwas will, sondern auch wenn man nichts will.

Nach zahllosen gestörten Arbeitsvormittagen und noch mehr hässlich verwandelten Feierabenden reichte mein Überlebensdrang so weit, dass ich mir ein Totschlag-Argument für unerwünschte Werbeanrufe überlegt hatte: „Ich mache grundsätzliche keine Geschäfte am Telefon.“ Das half eine Weile, bis ich neulich jene Dame am Telefon hatte, die mir den neusten supergünstigen Telecom-Tarif anbieten wollte: „Dieses Angebot gibt es nun mal nur am Telefon“, bellte sie zurück in einem Ton, als hätte ich eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen und es versäumt, rechtzeitig meinen Antrag auf Befreiung vom täglichen Angebot an günstigen Gelegenheiten zu stellen. Somit, liebe Frau Zucker, würde ich hinzufügen: Wir sind nicht nur sterblich, unser Sterben hat längst angefangen.

INGER DETLEFSEN, Bremen