VOR DER WAHL
: Mein Kandidat

Lustig: echte Politiker auf der Straße treffen

Am Rande des Straßenfestes steht Jan Stöß, der Bezirksbürgermeisterkandidat der SPD. Ich sage: „Ach, Sie sind das ja wirklich, mein Kandidat.“ Und dass er doch eigentlich gute Chancen habe. Er widerspricht. Franz Schulz, der grüne Bürgermeister, hatte letztes Mal fast 8 Prozent mehr. Viele Ex-Grünen-Wähler wählen aber nun die Piraten. Ich erzähle ihm, dass ich es toll finde, Politiker auf der Straße zu treffen, und wie ich neulich auch Kurt Wansner getroffen hatte und dass es sich bei Kurt Wansner auch um einen guten Politiker handle. Oder zumindest einen tapferen Kämpfer. Er findet das nicht so und guckt mich streng an. Aber auch humorvoll. Dann wünsch ich ihm noch viel Erfolg und gehe Fußball gucken.

Während ich Fußball gucke, bin ich ein bisschen traurig, dass ich nicht bei Jan Stöß stehen geblieben bin. Eigentlich bringt es mehr Spaß, sich über Politik und Wahlkampf zu unterhalten als immer nur Fußball. Grad fällt mir auch ein, weshalb es immer so lustig ist, echte Politiker auf der Straße zu treffen. Das kommt von den Plakaten. Jeden Tag sieht man dauernd die großen Bilder von Jan Stöß, Kurt Wansner, Turgut Altug, Heidi Kosche und so weiter. Und irgendwann hat man dann das Gefühl, es seien liebe Bekannte. Man begrüßt sie innerlich auch wie gute Bekannte, wenn man sie in echt sieht, redet gutgelaunt auf sie ein und vergisst dabei, dass sie einen gar nicht kennen.

Außerdem hatte ich Jan Stöß auch neulich auf einer Kundgebung in meiner Nachbarschaft gesehen. Und da hatte er gesagt, er sei auch mal im Berghain gewesen. Er hatte diesen Satz so gesprochen, dass man gleich merkte, wie er sich zuvor noch überlegt hatte, ob er das erwähnen soll. Weil er sich ja nicht anbiedern will. Gern hätte ich noch mit Jan Stöß gesprochen. Als Fußball aber wieder zu Ende war, war mein Kandidat aber schon wieder weg. DETLEF KUHLBRODT