Aufwärts in den Vollzeitjob

Arbeitsagentur verzeichnet geringste Erwerbslosenzahl in einem August seit zwölf Jahren. Minijobs wachsen kaum. 2008 wird der Beschäftigungsanstieg schwächer

Langzeitarbeitslose haben es nach wie vor schwer auf dem Jobmarkt. Das Nürnberger IAB-Institut geht davon aus, dass die Zahl der Arbeitslosengeld-II-Bezieher in diesem Jahr nur um 290.000 und im kommenden Jahr um 160.000 zurückgehen könnte. Damit würde in diesem Jahr gut jeder zehnte erwerbslos gemeldete Hartz-IV-Empfänger aus der Statistik verschwinden – sei es, indem er oder sie einen Job oder eine Maßnahme findet oder sich in die schmale Rente verabschiedet. Erwerbslose, die nicht länger als ein Jahr ohne Job sind und Arbeitslosengeld I beziehen, finden deutlich häufiger eine neue Stelle. Im kommenden Jahr werden nach Einschätzung des IAB daher 69 Prozent der Joblosen Hartz-IV-Bezieher sein. BD

BERLIN taz /ap ■ Die gute Konjunktur hilft dem Jobmarkt auch weiterhin. Die Zahl der Menschen ohne Stelle nahm im August im Monatsvergleich um 10.000 auf 3,705 Millionen ab, gab die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg bekannt. Das ist der geringste Stand in einem August seit zwölf Jahren. Der Rückgang fiel allerdings schwächer aus als in den Jahren zuvor.

Im Vergleich zum August 2006 waren 666.000 Menschen weniger erwerbslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote verringerte sich um 0,1 Punkte auf 8,8 Prozent.

Die günstige Entwicklung erklärt sich nach den Worten des BA-Vorstandsvorsitzenden Frank-Jürgen Weise insbesondere mit dem Aufbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Diese lag nach Hochrechnungen vom Juni mit 26,88 Millionen um 526.000 über dem Vorjahr. Auch die Zahl der offenen Stellen nahm deutlich zu.

Der wirtschaftliche Aufschwung in den Jahren 2006 und 2007 entspreche der konjunkturellen Entwicklung in den Jahren 1999 und 2000, hieß es gestern beim zur BA gehörenden Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Allerdings gibt es Unterschiede: Damals seien fast ausschließlich Teilzeitjobs neu entstanden, während heute in beachtlicher Zahl Vollzeitstellen geschaffen würden. Die Zeitarbeit habe zwar zur Gesamtentwicklung der Beschäftigung erheblich beigetragen, allerdings im Zuge des Aufschwungs mit immer geringerem Anteil. Das geht aus einer Arbeitsmarktprojektion des IAB hervor. Und noch ein Unterschied ist feststellbar: Während die geringfügige Beschäftigung in den Jahren 1999/2000 stark anstieg, spielen die Minijobs beim jetzigen Aufschwung kaum noch eine Rolle.

Der Arbeitsmarkt werde außerdem von einem rückläufigen Arbeitskräfteangebot entlastet, sagte Weise gestern. Nach neuesten Schätzungen des IAB werden dem Arbeitsmarkt in diesem Jahr im Durchschnitt 73.000 Menschen weniger zur Verfügung stehen. Dieser Rückgang sei zum Großteil auf den demografischen Wandel zurückzuführen. Außerdem zögen sich Frauen im Osten – wenn auch in geringem Maße – zunehmend vom Jobmarkt zurück, wenn sie Kinder betreuten. Während im Westen immer mehr Mütter erwerbstätig seien, gäbe es im Osten den gegenläufigen Trend.

Der demografische Wandel schlägt sich laut Vorstandsmitglied Heinrich Alt auch auf den Ausbildungsmarkt nieder. Hier sei vor allem im Osten ein deutlicher Rückgang der Bewerberzahl zu verzeichnen. Gleichzeitig habe sich bundesweit die Zahl der angebotenen Lehrstellen erhöht. Bis August standen 458.000 Ausbildungsstellen zur Verfügung, um die sich 710.900 Jugendliche bewarben.

Zugleich zeichne sich zunehmend ein Fachkräftemangel in Deutschland ab, der in einigen Branchen und Regionen nicht mehr mit dem heimischen Angebot gedeckt werden könne, betonte BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker. In der Elektrotechnik und dem Maschinenbau wäre es daher aus seiner Sicht die richtige Entscheidung, den Markt für ausländische Fachkräfte zu öffnen. Den Arbeitsmarkt grundsätzlich zu öffnen, sei indes nicht richtig. In allen anderen Bereichen müsse versucht werden, die Arbeitskräfte im Inland zu nutzen und zu qualifizieren, erklärte Weise. Andernfalls seien die ins Land geholten Kräfte beim näch- sten Konjunkturabschwung Kunden der Arbeitsagenturen. Laut IAB dürfte sich der Beschäftigungsanstieg im Jahr 2008 dämpfen.

Entwarnung gab Weise mit Blick auf die internationale Finanzmarktkrise. Bis Anfang nächsten Jahres gebe es keine Anzeichen für negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, sagte er. Der BA-Chef sieht weiterhin Spielraum für eine Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung unter die beschlossenen 3,9 Prozent. Denn das Finanzergebnis der BA lag mit plus 2,5 Milliarden Euro deutlich über den geplanten minus 4,95 Milliarden Euro.

BARBARA DRIBBUSCH