Stadtarbeiter im urbanen Raum: Fünf Kurzporträts

Die Baulückenspezialisten: Club Real

Seit 2000 arbeitet das kleine Kollektiv an der Verschmelzung von Performance, Architektur, Musik und Theater. Die GründerInnen Marianne Ramsay-Sonneck, Georg Reinhardt und Thomas Hauck waren Mitveranstalter des „Berg“-Spektakels im abrissreifen Palast der Republik. Mit der „Rolling Road Show“ der Volksbühne gingen sie mit einem transportablen „Ahnenamt“ auf Tour, mit den geistesverwandten Peanutz-Architekten bespielten sie Brachflächen in Halle und Marzahn mit einem „interaktiven Stadtentwicklungsdrama“. Für eine Baulücke in Mitte entwarfen sie eine temporäre Halle voller „Mikrowelten“. Für andere Brachen entwarfen sie das „Graceland“-Konzept: mit gemeinsamem Raritätenfernsehen, einer Superheldenschule und Anwohnerkonferenzen zur Wunschlandschaft.

Die Kunstaffinen: Center for Optimism

Gegründet von der Kuratorin Clara Meister und dem Architekten Sam Chermayeff, später erweitert durch eine Autorin und zwei ArchitektInnen. Sie bauten eine Leiter, um gemeinsam ins Archiv des Kunstkurators Hans-Ulrich Obrist zu klettern, gestalteten die Familienwohnung des Feuilletonisten Georg Dietz in Farben realer Katastrophen und publizierten einen „Abriss-Atlas“, in dem Berliner Journalisten und Autoren ihre Favoriten zum Abriss freigaben. Im Bund Deutscher Architekten ist das Center for Optimism regelmäßig zu Gast, zuletzt mit einer Zombie-Lesung und architektonischen Tipps fürs spätmoderne Leben.

Der mobile Installations-künstler: Erik Goengrich

Erik Goengrich studierte Innenarchitektur und Kunst in Rosenheim und Berlin. Seit 1991 beschäftigt er sich laut eigener Aussage „mit Missverständnissen, die sich mit der internationalen Moderne und der funktionalen Architektur im Öffentlichen festgesetzt haben“. Als „aktiver Archivar der Transformationen des öffentlichen Raums“ bietet er Überraschungs-Fahradanhänger-Touren durch „unterforderte“ öffentliche Räume von Ludwigshafen an. Oder wirbt mit einer Kampagne für die Nutzung des Marx-Engels-Forums durch Künstler, Musiker und Köche. Auf Kuba experimentierte er mit mobilen Mangotrocknern, um eine Diskussion über lokale Nahrungsmittelproduktion in Gang zu setzen.

Die Stadtdesigner: anschlaege.de

Designstudio, 2004 gegründet von Christian Lagé, Steffen Schuhmann und Axel Watzke. Die drei Absolventen des Studiengangs Kommunikationswissenschaft der Kunsthochschule Weißensee machten sich einen Namen durch die künstlerische Bespielung eines leerstehenden Plattenbaus in Marzahn. Der Titel: „Dostoprimetschatelnosti“ (Russisch für: Sehenswürdigkeit). Später bauten die Designer Treppen in die Dessauer Innenstadt, um für eine andere Sicht auf die Stadt und die Internationale Bauausstellung zu werben. In Lichtenberg funktionierten sie einen abrissbedrohten ehemaligen Kindergarten zum „Heikonaut“ um. In diesem Thinktank entwickeln sie mit Partnern aus der Kreativwirtschaft „Phorschungs-Projekte“ zwischen Design, Wissenschaft, Architektur und Mode.

Die Skulpturalen: Folke Köbberling/ Martin Kaltwasser

Skulpturale Performance oder performative Skulptur nennen die bildende Künstlerin und der Architekt ihre Gemeinschaftsproduktionen, mit denen sie seit 1999 aktuelle Fragen der Stadtgestaltung kommentieren. In einem alten Fahrkartenschalter sammelten sie 2.000 Beobachtungen und Gedanken von Passanten zur geplanten Umstrukturierung des Alexanderplatzes. In Istanbul und am Martin-Gropius-Bau errichteten sie Kopien des high-tech-betriebenen T-Com-Hauses der Telekom. Und am Schlossplatz bauten Folke Köbberling und Tricia Middleton 2014 eine Woche lang Skulpturen auf. Jede zerstörte dabei die Arbeit der jeweils anderen und überzog modernistische Elemente mit Barockornamenten. Der Titel: „Nichtverhandlung“. (api)