Ein erster Erfolg für Müller

EIGENTUMSWOHnUNGEN

Die SPD hat eine Gegenleistung erbracht: die Abkehr von der frühen Einschulung

Am Ende war es wohl die erschreckende Bilanz. 9.000 Mietwohnungen wurden 2013 in Berlin in Eigentumswohnungen umgewandelt – fast doppelt so viele wie 2012. Wenn man bedenkt, dass das Leben in (vom Eigentümer vermieteten Eigentumswohnungen) um ein Drittel teurer ist als in normalen Mietwohnungen, muss man dem neuen Bausenator wohl recht geben. Die Umwandlung in Eigentum, sagte am Freitag Andreas Geisel (SPD), trage zur Gentrifizierung, also zur Vertreibung aus bestimmten Stadtteilen bei und ihrer Aufwertung bei

Schon lange hat die SPD deshalb einen Entwurf für eine sogenannte Umwandlungsverordnung in der Schublade. In den Bezirken, in denen es eine Erhaltungssatzung – besser bekannt auch als Milieuschutzverordnung gibt –, soll das lukrative Umwandlungstreiben demnach an einen Genehmigungsvorbehalt gekoppelt werden. Mietwohnungen dürfen nur noch dann zu Eigentumswohnungen werden, wenn damit keine Vertreibung verbunden ist. Weil das aber ein Eingriff in den angeblich „freien“ Markt ist, hat sich die CDU bis zuletzt dagegen gesperrt. Bei der Senatsklausur am Donnerstag, bei der die Verordnung schließlich in trockene Tücher gebracht wurde, hat die SPD der CDU eine Gegenleistung erbracht – die Abkehr von der frühen Einschulung.

Freuen dürfen sich aber nicht nur Mieter und SPD, sondern auch die Grünen, die noch länger als die SPD ein Einschreiten gegen die Umwandlung gefordert hatten. Es sind nämlich die „grünen Bezirke“, also die, die einen grünen Baustadtrat haben, die schon seit Langem Erhaltungssatzungen beschlossen haben. Am schnellsten wird die Verordnung, die laut Geisel zunächst für fünf Jahre gelten soll, also in Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow und Tempelhof-Schöneberg wirken. Auf SPD-Bezirke wie Neukölln, die das Thema allzu lange verbummelt haben, wird nun der Druck der Betroffenen kommen.

Dennoch bleibt bei aller Freude, die auch der Mieterverein am Freitag zum Ausdruck gebracht hat, auch ein Stück Unwohlsein. Wäre die Verordnung früher erlassen worden, würden heute mehr Mietwohnungen zur Verfügung stehen. Denn allein seit 2011 wurden in Berlin 20.000 Wohnungen umgewandelt. Die gute Nachricht: Ohne den späteren Verkauf als Eigentumswohnung wird auch das neue Geschäftsmodell einer Luxussanierung mit teurer Wärmedämmung für viele Eigentümer unattraktiv. Dass der Senat also endlich handelt, ist eine gute Nachricht. Und ein Erfolg für Michael Müller (SPD), der offenbar erst selbst Regierungschef werden musste, um die CDU auf Kurs zu bringen. UWE RADA

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