… Das Hakenkreuz?
: 400 Euro kosten

Ein französischer Student – nennen wir ihn Jean-Pierre – war mit einem Stipendium aus Paris nach Berlin gekommen, um Industriedesign zu studieren. Vor allem war er jedoch Künstler. Ein wichtiger Gegenstand seines künstlerischen Schaffens: die Wirkungskraft von Symbolen.

Im Januar machte Jean-Pierre sein WG-Zimmer zum Schauplatz einer Videoinstallation. Er schmückte einen Tannenbaum, hängte Dekoelemente auf und besprühte sein Fenster mit Nikoläusen, Sternen – und sieben Hakenkreuzen aus Kunstschnee. Diese hatten jeweils einen Durchmesser von etwa zehn Zentimetern. Da sich Jean-Pierres Zimmer im zweiten Stock befand, waren sie von der Straße aus kaum zu erkennen. Nur die aufmerksame Nachbarin aus dem gegenüberliegenden Haus sah sie. Und rief die Polizei.

Weil keiner zu Hause war, brachen die Beamten die Tür auf, kümmerten sich nicht weiter um Antifaaufkleber und Brechtplakate in der Wohnung, durchwühlten Jean-Pierres Zimmer und entfernten die Fensterdekoration.

Gestern nun musste sich der Franzose vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten – wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole. Mit Hilfe eines Dolmetschers entschuldigte er sich, solche Irritationen verursacht zu haben, und konnte glaubhaft machen, dass es ihm nur um die Kunst ging. Also schlug der Staatsanwalt vor, das Verfahren einzustellen, sofern sich Jean-Pierre zur Zahlung einer Buße von 500 Euro an die Justizkasse bereiterkläre. Dessen Anwalt fand das viel Geld für einen armen französischen Studenten. Und so einigten sich Anklage, Verteidigung und Richter auf 400 Euro, zahlbar innerhalb von sechs Monaten.

Nun wird Jean-Pierre ein paar Extraschichten als Hilfskellner einlegen und kommt noch mal ohne Vorstrafe davon. Für seine künstlerische Entwicklung dürfte der Prozess ein echter Meilenstein sein. Immerhin hat er zum Spottpreis von 400 Euro eine hübsche Lektion zum Thema Wirkungskraft von Symbolen bekommen. INGA HELFRICH

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