Alle Mann sind an Bord

Seeräuber tun dem Parlament gut

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Die Piratenpartei hat das Berliner Abgeordnetenhaus geentert – und das mit einem Hammerergebnis. Aus dem Nichts heraus erreichten die Piraten knapp 9 Prozent ersten Hochrechnungen zufolge. 14 bis 15 Abgeordnete werden im Parlament sitzen, mehr Politikpersonal hat die Partei gar nicht. Alle Mann an Bord, könnte man da kalauern. Aber sind das wirklich Seeräuber?

Dass das Häuflein internetaffiner BürgerInnen jetzt unter die Lupe genommen wird, gehört zum Geschäft. Wer ist die Partei ohne durchkomponiertes Wahlprogramm? Wer repräsentiert sie überhaupt? Wie relevant ist die Piraten-Gruppe um Andreas Baum – oder sind diese morgen schon wieder weg, lauten die Fragen.

Man sollte nicht vorschnell Antworten parat haben, denn hinter den vermeintlichen Freaks für die Freiheit auf der Datenautobahn steht mehr als nur eine irre PC-Spaßpartei, für die sie vielfach gehalten wird. Es geht bei den Piraten um Grundsätzliches – was sie manchen grade verdächtig macht: um mehr Transparenz in der Demokratie, mehr Partizipation, weniger Politikersprechblasen. Die Piraten fordern ein garantiertes Grundeinkommen, engagieren sich für bessere Bildung und den öffentlichen Nahverkehr.

Geilere Themen

Nach großer Politik sieht das auf den ersten Blick nicht aus, aber das kann sich ja noch ändern. Haben die Grünen als Sponti-Partei nicht ähnlich begonnen und sich dergestalt so sympathisch gemacht? Selbst wenn die Piratenpartei keine Metamorphose durchmacht, für den Augenblick tut mehr Seeräubertum im Berliner Parlament sicher gut. Alte Rollen werden aufgebrochen, der Politikbetrieb wird aufgemischt. Es gibt geilere Themen. Aber vielleicht kann das Haus wieder öfter lachen, wird lockerer. Das sind 9 Prozent wert.