Ein rührseliger DSK mit unglaubwürdiger Show

FRANKREICH Der Exchef des IWF, Dominique Strauss-Kahn, spricht sich mit mea culpa von allem frei

AUS PARIS RUDOLF BALMER

Was ist am 14. Mai in der Suite des New Yorker Sofitel geschehen, bevor der damalige IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn (DSK) unter Vergewaltigungsverdacht verhaftet und in Handschellen abgeführt wurde? Zum ersten Mal lieferte DSK am Sonntagabend seine eigene Version, ohne allerdings in die Einzelheiten zu gehen. Er entschuldigte sich aber öffentlich bei seiner Gattin und bei seinen Landsleuten, die ihn als nächsten Präsidenten gesehen hatten. Ja, er habe Staatschef werden wollen, räumte er ein, und das sei nun „selbstverständlich nicht mehr aktuell“. Er habe dieses „Rendezvous mit den Franzosen verpasst“. Bei dem, was zwischen ihm und der Hotelangestellten Nafissatou Diallo gewesen sei, habe es sich nicht um bezahlten Sex gehandelt, aber auch in keiner Weise um Gewalt oder eine strafbare Form von Aggression. Sondern? „Ich glaube, es war schlimmer als eine Schwäche, ich glaube, das war ein moralischer Fehler, auf den ich nicht stolz bin. Ich bedaure ihn zutiefst.“

Er sieht sich trotz des eingestandenen Fehltritts aber auch als Opfer einer möglichen Manipulation: „Eine Falle? Das ist möglich. Ein Komplott? Wir werden sehen.“ Jedenfalls habe er gelitten und daraus gelernt: „Ich habe meine Unbeschwertheit für immer verloren.“ Er habe Angst gehabt, denn die amerikanische Justiz „ist ein Maschine, die dich zermalmen kann“, erklärte DSK im Sender TF1 vor der versammelten Fernsehnation. Wer allerdings gehofft hatte, dass DSK mit pikanten Details schildern würde, was zwischen ihm und Diallo war, als er nackt aus der Dusche kam, wurde zwangsläufig enttäuscht. Er pochte in seinem TV-Plädoyer nur immer wieder auf den Bericht der New Yorker Staatsanwaltschaft, der die Anklage gegen ihn in jedem Punkt entkräftet habe.

Der Privatsender TF1 kam mit einem Rekord von 13 Millionen Zuschauern, Einschaltquote 47 Prozent, auf seine Kosten. Als Interviewpartnerin fungierte die Tagesschaujournalistin Claire Chazal, eine Freundin seiner Gattin Anne Sinclair. Sie stellte zwar die Fragen, auf die alle eine Antwort wollten, insistierte aber nicht zu sehr, um die spürbare gegenseitige Verlegenheit nicht noch zu steigern.

Wird seine Abbitte am Fernsehen etwas an der Meinung ändern, welche sich die Franzosen und Französinnen inzwischen gebildet haben? Die Zeitung Libération ist da skeptisch, denn er habe „nicht den Hauch eines Beweises für das unglaubliche Szenario geliefert. Die Falle hat sich Dominique Strauss-Kahn selber gestellt. Und was die These eines Komplotts angeht, das ist grotesk.“ Misstrauen herrscht vor im Nouvel Observateur: „Alles klang falsch, als er in einem Film den armen Frenchy und unglücklichen Reuigen spielte, der von der amerikanischen Justiz misshandelt wurde.“

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