„Schnee von übermorgen“

SICHERHEIT Der niedersächsische Innenminister findet Vorratsdatenspeicherung zwar sinnvoll, den reflexhaften Ruf danach angesichts der Rechtslage aber „ermüdend“. Sein Bremer Amtskollege ist strikt dagegen

Ungeklärte Rechtsfragen bremsen nach Ansicht von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) eine schnelle Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung. „Da sind jetzt erst einmal Brüssel und Berlin am Zug“, sagte er am Samstag in Hannover. „So lange von dort nichts kommt, reden wir über Schnee von übermorgen.“ Es fehle eine Regelung, die mit den europäischen Grundrechten und dem Grundgesetz vereinbar ist. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) sprach sich laut Radio Bremen gegen die Vorratsdatenspeicherung aus.

Nach den Terroranschlägen von Paris hatten führende Unionspolitiker eine Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung gefordert, darunter CSU-Chef Horst Seehofer. Für Pistorius „ein ständig wiederkehrender Reflex der CSU, der mich ehrlich gesagt ermüdet“. Gleichwohl halte er die Vorratsdatenspeicherung für ein wichtiges Instrument.

Die systematische Speicherung von Telefon- und Internetdaten der Bürger soll Fahndern bei der Jagd nach Terroristen und anderen Schwerverbrechern helfen. Im Jahr 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die deutschen Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung verworfen.

Mäurer sprach im Radio-Bremen-Fernsehen von der Vorratsdatenspeicherung als einem „Ladenhüter“. Die massenhafte Speicherung persönlicher Daten sei höchstrichterlich untersagt worden. Solange die Europäische Union keine neue Initiative ergreife, sei das Thema „absolut tot“, so Mäurer. Im Rahmen der Terrorabwehr würden gefährliche Salafisten ohnehin überwach.

Pistorius wies darauf hin, dass die französischen Behörden trotz Vorratsdatenspeicherung die furchtbaren und feigen Anschläge von Paris offenkundig nicht hatten verhindern können.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte zurückhaltend auf Forderungen aus der Union nach schärferen Sicherheitsgesetzen. „Ich glaube, dass wir ein funktionierendes System der Sicherheit haben“, sagte sie am Samstag zum Abschluss einer zweitägigen Klausur der CDU-Spitze in Hamburg.  (dpa)

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