Im Kampf gegen Wüsten fehlt das Geld

Millionen Menschen fliehen heute schon aus Trockengebieten. Auf der UN-Wüstenkonferenz in Madrid beraten die Vertragsstaaten, wie die menschengemachte Verödung begrenzt werden kann. Verbände fordern mehr Ernsthaftigkeit

AUS MADRID HANS-GÜNTER KELLNER

Die Ausbreitung der Wüsten kostet die Staatengemeinschaft schon heute 42 Billionen US-Dollar. Diese Zahl hatten die im Netzwerk gegen Desertifikation (eniD) zusammengeschlossenen Umwelt- und Entwicklungshilfeorganisationen am Wochenende im Vorfeld der achten Vertragsstaatenkonferenz der UN-Wüstenkonvention veröffentlicht. Programme, die verhindern sollen, dass die Wüsten wachsen, scheiterten aber immer noch an der fehlenden Finanzierung, sagte der kenianische Umweltminister David Mwiraria am Montag zur Eröffnung der Konferenz. Spaniens Umweltministerin Cristina Narbona erklärte, Ursachen und Folgen der Ausbreitung der Wüsten seien längst bekannt, die Staatengemeinschaft müsse endlich handeln.

Schon der Begriff Desertifikation ist kaum bekannt. Er beschreibt nicht etwa nur die Ausbreitung bestehender Wüsten wie der Sahara in Mali oder Mauretanien, sondern generell den Verlust des fruchtbaren Bodens durch zu intensive Nutzung durch den Menschen. „Landstriche werden zu Wüsten, die klimatologisch gar keine sein müssten“, beschreibt der spanische Desertifikationsforscher José Luis Rubio das Phänomen. Der Klimawandel verstärke diese Entwicklung, sei aber nicht die Ursache. Rubio gründete vor zehn Jahren das spanische Forschungszentrum zur Desertifikation. Denn nicht nur in Afrika veröden Landstriche. In Südeuropa führen Waldbrände, Ackerbau und der Siedlungsdruck an den trockenen Küsten zu Verwüstung.

Rubio untersucht vor allem die Auswirkungen von Waldbränden: Das Feuer zerstört die Vegetation, Herbstgewitter spülen den brachliegenden Humus in die Täler, es kommt zu Schlammlawinen, Asche vergiftet Flüsse und Meere. Im vergangenen Herbst im nordwestspanischen Galicien. In diesem Jahr in Griechenland.

Spanien ist aber auch in anderer Hinsicht ein gutes Beispiel für die Folgen der Desertifikation: Viele der Armutsflüchtlinge in den Booten auf dem Weg zu den Kanarischen Inseln stammten schon heute aus verwüsteten Gegenden Afrikas. Der algerische Planungs- und Umweltminister Cherif Rahmani schätzt, dass im Jahr 2025 65 Millionen Afrikaner vor der Ausbreitung der Wüsten in die Industriestaaten fliehen müssen. Mehr als eine Milliarde Menschen leiden bereits jetzt unter der Ausbreitung der Wüsten.

Die UN-Konvention zur Bekämpfung der Desertifikation (UNCCD) von 1994 ist neben Klimaschutz und Artenvielfalt das dritte große Abkommen, das 1992 aus dem Umweltgipfel von Rio de Janeiro hervorgegangen ist. Doch die UNCCD sei nur die „arme kleine Schwester der „Rio-Konventionen“, erklärten Anneke Trux und Reinhard Bodemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im letzten Jahr, dem „Jahr der Wüsten und Desertifikation“. Ihre Kritikliste ist lang: Die UNCCD habe kaum Kontrolle über die Aktionsprogramme, ihnen fehlten Sanktionsmöglichkeiten. Die Vertragsstaaten hielten ihre Finanzzusagen nicht ein, allein an Mitgliedsbeiträgen stünden derzeit 2 Millionen US-Dollar aus. Der Expertenausschuss verliere sich in Diskussionen um Nebensächlichkeiten. Die Vertragsstaaten der UNCCD hatten deshalb schon vor zwei Jahren eine Reformgruppe gegründet. In Madrid wollen sie nun über die Ergebnisse beraten.

Viel Zeit bleibt ihnen nicht. Auf ihrem Vorbereitungstreffen in Madrid forderten die Umweltschutz- und Entwicklungshilfeorganisationen ein schnelleres Handeln. Einige Vertreter wollten das achte Treffen der Vertragsstaaten vorzeitig verlassen und auch an künftigen nicht mehr teilnehmen, wenn die Geberstaaten ihren Verpflichtungen nicht nachkämen.

Diese Haltung konnte sich zwar innerhalb des Netzwerks der Organisationen nicht durchsetzen. Aber in einem gemeinsamen Kommuniqué heißt es, man sei „enttäuscht und frustriert“, dass die Verödung der Böden immer noch allzu unzureichend bekämpft würde, obwohl sie zu Hunger und Armut führt, globale Wanderungsbewegungen verursacht und die sozialen und regionalen Konflikte verstärkt. Die Staatengemeinschaft sei weiter denn je entfernt von der Erfüllung der Millenniumsziele.