Der Unruhegeistliche

Aus dem Munde eines australischen Geistlichen in Hamburg liegt der Satz nahe: „Ich danke Gott, dass es Skype gibt!“, sagt Matthew Jones. Letzten Freitag wurde er zum neuen Pfarrer der anglikanischen Gemeinde ernannt. Erst einen Tag zuvor war er angereist. Er sei ganz erleichtert, dass alle um ihn herum Englisch sprächen, sagt Jones.

Der neue Geistliche steht am Taufbecken der St.-Thomas-Becket-Kirche in der Hamburger City und schaut hoch zur umlaufenden Empore. „Ich sehe schon, wie die Leute da oben sitzen, mit Drinks in der Hand“, sagt er. Er will seine Kirche zu einem Ort der Begegnung machen, auch Gäste von außen einladen: „Eine Kirche, die nur mit sich selbst beschäftigt ist, interessiert mich nicht.“

In Australien, wo die anglikanische Kirche seit 1962 von der Church of England unabhängig ist, war Jones in drei verschiedenen Gemeinden tätig. Doch nach zehn Jahren fragte er sich: „Wohin als nächstes?“ Ein Freund erzählte ihm von der vakanten Stelle, Jones wandte sich an den zuständigen Bischof in London und wurde zum Bewerbungsgespräch eingeladen.

Für die St.-Thomas-Becket-Kirche ist es das erste Mal, dass ein Pfarrer aus Australien kommt. Die Gemeinde wurde 1612 von englischen Tuchhändlern gegründet, die während ihrer Hamburg-Aufenthalte ein Recht auf freie Religionsausübung einforderten.

Heutzutage finden sich bei den Gottesdiensten bis zu zehn verschiedene Nationalitäten ein. Neben AnglikanerInnen aus England und den USA kommen mittlerweile auch welche aus Ghana, Nigeria oder Indien, die in Hamburg arbeiten oder ihre Liebe gefunden haben. Aber auch Deutsche schätzen die Gemeinde wegen ihrer Interkulturalität.

Wie lange Jones bleiben wird, ist noch unklar, sein Visum gilt zunächst für fünf Jahre. Er lässt jedoch erahnen, dass die Verbindung zwischen ihm und Hamburg nicht für die Ewigkeit ist: „Wenn man zu lange an einem Ort bleibt, verändern sich die Dinge nicht mehr.“ LEB