Mausartige Menschen jetzt mit Marr

Nach drei Jahren Abstinenz haben die US-amerikanischen Indierocker „Modest Mouse“ mit „We Were Dead Before The Ship Even Sank“ jetzt ihr vielleicht bestes Album vorgelegt – mit Ex-„Smiths“-Gitarrenzauberer Johnny Marr

Offenkundig haben die US-amerikanischen Indierocker „Modest Mouse“ – angeblich benannt nach einer Buchzeile, in der Angehörige der unteren Mittelschicht als „modest, mouse-like people“ bezeichnet werden – großen Spaß daran, gleichermaßen eigenwillige wie einprägsame Titel für ihre Veröffentlichungen zu finden. Wenn es auch 1994 mit der EP „Blue Cadet-3, Do You Connect?“ noch recht kryptisch beginnt, legt das 96er-Debüt-Album in puncto Deutlichkeit mit „This Is a Long Drive for Someone with Nothing to Think About“ die Latte ordentlich hoch. Auch der 97er-EP-Titel „The Fruit That Ate Itself“ kann sich hören lassen. Auf einer Rare-Track- und Single-Sammlung geht es 2000 schließlich um „Building Nothing Out of Something“, weitere Sternstunden der Albumbetitelung sind natürlich 2004 „Good News for People Who Love Bad News“ – und jetzt: „We Were Dead Before the Ship Even Sank“.

Allein mit dem Wohlklang von Albumtiteln lässt sich der Erfolg der vor vierzehn Jahren in einer Videothek im beschaulichen Issaquah unweit von Seattle gegründeten Band natürlich nicht erklären. Denn „Modest Mouse“ legen nach Selbstauskunft selbstverständlich eher Wert auf die Musik als auf die schnöde Berühmtheit und das damit einhergehende finanzielle Auskommen, ja man äußert gar offene Feindschaft gegen kommerzielle Musik. Ruhm und Salär dürften indes auch spätestens, seitdem die bescheidenen Mäuse nach ein paar Platten bei Indie-Labels wie „Up Records“ und „Sub Pop“ einen Vertrag mit dem Sony-Sublabel Epic unterschrieben haben, gesichert sein. Das erste, auf Epic erschienene Album „Good News for People Who Love Bad News“ mit neuem Drummer und neuem Gitarristen brachte denn auch den Durchbruch. Es gab eine Grammy-Nominierung für das beste Alternative-Album, bei den MTV-Video-Music-Awards wird das Video zur Single „Float On“ in den Kategorien „Best Special Effects In A Video“, „Breakthrough Video“ und „MTV 2 Awards“ nominiert.

Aber wie gesagt, es geht natürlich um die Musik. Da setzte man zu Beginn vor dem Hintergrund klassischer Rockinstrumentierung vor allem auf die spontanen Impulse und die Prinzipienlosigkeit von Sänger und Songschreiber Isaac Brock, die selbst die frühen „Pavement“ wie zahme Einfaltspinsel erscheinen lassen. Schritt für Schritt wagte man sich dann zaghaft vor in Richtung Mainstream, ohne jedoch auf die notwendige Portion Verschrobenheit zu verzichten. Auch „Good News …“ erntet noch regelmäßig mit Recht das Adjektiv „sperrig“.

Nun melden sich „Modest Mouse“ mit „We Were Dead Before the Ship Even Sank“ nach dreijähriger Veröffentlichungsabstinenz mit einer famosen Mischung aus Indie-Disco-Fegern („Dashboard“, „We’ve Got Everything“, „Florida“), wunderschönen Folk-Balladen („Little Motel“, „Missed the Boat“) und, ja!, Johnny-Marr-Gitarren zurück. Der „The Smiths“-Mitgründer und virtuose „fucking best guitarist“ ist seit kurzem festes Bandmitglied! Damit dürfte beim Auftritt der schrulligen Avant-Indie-Rocker heute Abend in der Fabrik wirklich nichts mehr schiefgehen. ROBERT MATTHIES

Do, 6. 9., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36