Herzogenrath macht die Fliege

ABSCHIED Der Direktor der Kunsthalle wurde nach 17 Jahren in den Ruhestand verabschiedet und mit warmen Worten sowie der Senatsmedaille geehrt

Mit Verleihung der Senatsmedaille für Wissenschaft und Kunst und einem zweistündigen Festakt im Rathaus ist gestern Wulf Herzogenrath als Direktor der Kunsthalle in den Ruhestand verabschiedet worden. Zugleich wurde dem soeben gestorbenen Geschäftsführer des Kunstvereins, Hans Diers, gedacht. Der Kunstverein von 1823 ist Betreiber des Museums, das Haus damit bundesweit das einzige seiner Art, das unverändert in privater Trägerschaft ist. Neben der Medaille bekam Herzogenrath ein 750-seitiges Buch gewidmet, das seine Amtszeit beleuchtet.

Der 67-Jährige amtierte seit 1994 als Direktor, nachdem er zuvor als Kustos der Neuen Nationalgalerie in Berlin demontiert worden war. Schon 1984 bewarb er sich für den Posten in Bremen, galt damals aber als zu unerfahren. Seine Nachfolge übernimmt am 1. November Christoph Grunenberg, Chef der Liverpool Tate, dem erfolgreichsten Ableger der Tate Gallery jenseits Londons.

Als Herzogenrath vor 17 Jahren kam, sei die Kunsthalle „in einem beklagenswerten Zustand“ und ihr Verhältnis zur örtlichen Politik „schlecht“ gewesen, sagt Georg Abegg, der Vorsitzende des Kunstvereins. Heute rangiert das Museum stets in der sogenannten „Champions League“ der deutschen Ausstellungshäuser. Der Kunstverein hat zu den schon 7.000 jüngst 400 neue Mitglieder gewonnen. Und Carmen Emigholz, die SPD-Kulturstaatsrätin, würdigt Herzogenrath als „inspirierend“, als „Mann der leisen Töne“, rühmt seine „Leidenschaft und Hingabe“ und den gemeinsamen „Kampf um Werte, eine Gesellschaft, die nicht verflachen darf“. Er selbst, der zum Abschied – natürlich – eine Fliege geschenkt bekam, er sieht sich lieber als „Teil einer großen Ewigkeitskette“.

Mit wissenschaftlich fundierten Publikumsmagneten wie den „Blauen Reitern“, Van Gogh, Monet und Camille und Paula Modersohn-Becker zog die Kunsthalle jeweils bis zu 320.000 BesucherInnen an. „Sein Vermächtnis“ aber, so Abegg, seien seine Ankäufe. Dazu gehören vor allem der Video-Synthesizer von Nam June Paik und die Ton- und Lichtinstallation „Essay“ von John Cage. Für den Videokunst-Pionier Paik konzipierte Herzogenrath 1976 noch als Direktor des Kölnischen Kunstvereins die erste europäische Einzelausstellung. Für Cage kuratiert er zum 100. Geburtstag 2012 eine Ausstellung in Berlin. mnz