Erste Dellen im Modell

Vier Jahre nach ihrer Gründung braucht die Schwankhalle einen kräftigen Relaunch. Der bisherige Trägerverein ist komplett blockiert, die MitarbeiterInnen klagen über enorme Reibungsverluste

Von Henning Bleyl

Die Schwankhalle gilt seit ihrer Gründung 2003 als bundesweit einmaliges Fördermodell: Gruppen der bisherigen „Freien Szene“ – wie Junges Theater, das steptext dance project und der soziokulturelle Quartier e.V. – bekommen ein festes Haus als Produktions- und Präsentationsstätte. Zusammen bilden sie einen Trägerverein, die Stadt bezuschusst den Betrieb mit immerhin 400.000 Euro im Jahr. Standort ist das um einen Anbau erweiterte frühere Abfüllgebäude der Remmersbrauerei am Buntentorsteinweg.

Vier Jahre nach der lang ersehnten Eröffnung hat das Haus mit akuten Kinderkrankheiten zu kämpfen. MitarbeiterInnen zufolge droht sogar ein Kreislaufkollaps: Der gesamte Betrieb sei ins Stocken gekommen, ebenso die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Trägerverein, der operative Bereich ist „blockiert und behindert“, heißt es in einer Pressemitteilung. Deshalb hat die Crew aus Bühnentechnikern, Betriebsbüro und Verwaltung nun selbst einen Verein gegründet, den „Schwankhallenkollegen e.V.“, der die Trägerschaft vorübergehend selbst übernehmen will.

Hintergrund dieser Initiative ist eine Diskussion – genauer gesagt die Dauer der Diskussion: Schon viel zu lange werde um die Frage gerungen, mit welcher Konstruktion das Haus künftig betrieben wird. Zur Auswahl stehen eine gemeinnützige GmbH, an der die Stadt möglicherweise eine Minderheitsbeteiligung mit Vetorecht hätte, und eine Stiftung.Im Prinzip herrsche jedenfalls Einigkeit, dass die bisherige Vereinsform nur ein unvermeidbarer Geburtsfehler gewesen sei, um das Haus politisch überhaupt durchsetzen und auf den Weg bringen zu können.

In der Praxis allerdings erweise sich die Zusammenarbeit zwischen ehrenamtlichen Vereinsvorständen und hauptamtlichen Geschäftsführern als wenig fruchtbar, heißt es in der Schwankhalle. Konkret griffen Vorstandsmitglieder ins operative Geschäft ein, andererseits gab es Abwahlversuche – derartige strukturelle Reibungsverluste sind aus vielen Vereinen bekannt. In der Bremen-Norder Kulturszene ging dabei nicht zuletzt der „Kulturbahnhof“ zu Bruch. Mittlerweile sind die Verträge der zweiköpfigen Schwankhallen-Geschäftsführung ausgelaufen, ohne dass eine Neuausschreibung erfolgt wäre. Die Position des künstlerischen Leiters ist seit dem Ausscheiden von Hans König zum 31. August ebenfalls unbesetzt. Schwierig ist es nicht zuletzt, ohne Buchhalter auszukommen, der für Bargeld oder so nützliche Kleinigkeiten wie Briefmarken sorgen kann – die Stelle ist seit Monaten vakant.

Vollends handlungsunfähig scheint der Trägerverein dadurch zu sein, dass der Vorstand in sich blockiert ist – er besteht aus zwei gleichberechtigten Mitgliedern. Auch diese Konstruktion gilt mittlerweile als bedauerlicher Geburtsfehler.

Mit 600.000 Euro Jahresumsatz hat die Schwankhalle eine ökonomische Dimension erreicht, die einen stabilen Rahmen unumgänglich macht. Neben neun festen Stellen haben derzeit rund 60 Freiberufler ihren Erwerbsschwerpunkt im Haus. Die Zahl der Veranstaltungen sinkt allerdings: Im vergangenen Jahr waren es nur noch 199 – das sind glatte 100 weniger, als in der Eröffnungsspielzeit. Neben den immer wiederkehrenden Schwierigkeiten mit ausbleibenden oder erst viel zu spät bewilligen Projektmitteln sind dafür offenbar auch die strukturellen Schwierigkeiten verantwortlich.

Im Kulturressort nimmt man das Problem ernst. „Wir werden den Vorschlag der MitarbeiterInnen, die Trägerschaft vorübergehend selbst zu übernehmen, ernsthaft prüfen“, sagt Kulturstaatsrätin Emigholz (SPD). Gemeinsam müsse dann eine neue, dauerhaft tragfähige Konstruktion erarbeitet werden.