Amnesty wirft Boko Haram Kriegsverbrechen vor

NIGERIA Satellitenaufnahmen dokumentieren die bislang schwerste Gewalt im Bundesstaat Borno

ABUJA/FRANKFURT/M. epd | Die jüngsten Anschläge der Terrorgruppe Boko Haram in Nigeria haben laut Menschenrechtlern ein neues Ausmaß der Gewalt und Zerstörung erreicht. Satellitenaufnahmen der benachbarten nordnigerianischen Städte Baga und Doron Baga seien der schockierende Beweis dafür, erklärte Amnesty International am Donnerstag. „Diese detaillierten Aufnahmen zeigen eine Verwüstung von katastrophalem Ausmaß“, sagte der Nigeria-Experte von Amnesty, Daniel Eyre. Mehr als 3.700 Gebäude seien beschädigt oder vollkommen zerstört worden.

Von allen von Amnesty analysierten Anschlägen von Boko Haram sei dies bislang derjenige mit den meisten Toten, erklärte die Organisation. Doron Baga im nordöstlichen Bundesstaat Borno sei innerhalb von vier Tagen beinahe dem Erdboden gleichgemacht worden. Die Satellitenaufnahmen und die Aussagen von Überlebenden ließen darauf schließen, dass die Zahl der Getöteten weit höher liege als die von den nigerianischen Behörden angeführten 150. Ein Regierungsbeamter hatte direkt nach den Anschlägen vor einer Woche von bis zu 2.000 Toten gesprochen, andere Quellen gingen von Hunderten Todesopfern aus.

Tausende Menschen sind laut Amnesty in andere Landesteile oder über die Grenze in den Tschad geflohen. Nach UN-Angaben sind insgesamt etwa eine Million Nigerianer vor der Gewalt von Boko Haram auf der Flucht. Amnesty rief die Behörden in Nigeria und dem Tschad auf, sicherzustellen, dass die Flüchtlinge geschützt und versorgt würden. Die Terrororganisation habe in der ersten Januarhälfte zahlreiche Anschläge auf weitere Städte und Dörfer im der Region verübt. Der Bundesstaat Borno wird zu weiten Teilen von Boko Haram kontrolliert. Dadurch sei es sehr schwierig gewesen herauszufinden, was in und um Baga tatsächlich geschehen sei. Doch die Satellitenaufnahmen ergäben ein deutlicheres Bild.

Die vorsätzliche Ermordung von Zivilisten und die Zerstörung von deren Eigentum seien Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, betonten die Menschenrechtler. Als solches müssten sie untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Regierung müsse alle möglichen Maßnahmen ergreifen, um im Nordosten des Landes die Sicherheit wiederherzustellen und die Bevölkerung zu schützen. Die Eskalation der Gewalt hat vermutlich mit den Wahlen zu tun, die in gut einem Monat stattfinden sollen.

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