„Verdrossenheit als Ausrede“

Ein Abend über politische Bildung und Protest

■ 64, studierte in Hamburg Geschichte und ist Leiter des Printbereichs in der Bundeszentrale für politische Bildung.

taz: Herr Faulenbach, sind die Proteste in der Stadt gegen Schreibers Zaun Ausdruck von demokratischem Bewusstsein?

Jürgen Faulenbach: Das sind Ansätze eines wachsenden Engagements. Man hatte in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten das Gefühl, dass die Menschen ihre Unzufriedenheit mit den politischen Prozessen einfach tatenlos ertragen haben. Aber jetzt ist eine Bereitschaft zu beobachten, sich wieder einzubringen.

Wieso?

Lange Jahre wurde die Politikerverdrossenheit als Ausrede benutzt, sich nicht engagieren zu müssen. Die Haltung war: Die Politiker machen, was sie wollen, da kann ich doch ohnehin nichts ausrichten. Aber jetzt machen die Menschen die Erfahrung, dass sie sehr wohl etwas erreichen können, wenn sie sich für eine Sache einsetzen.

Braucht es lokale Aufhänger, um sich zu engagieren?

Statt sich beispielsweise in Parteien zu organisieren, ist für viele heute das lokal konkrete Engagement der Weg. Es ist leichter, sich für etwas einzusetzen, dass einen unmittelbar betrifft. Dieses lokale Engagement kann aber durchaus in längerfristige Kooperationen münden.

Wozu ist denn politische Bildung nötig?

Es ist hilfreich, die politischen Prozesse zu verstehen. Ich muss ja wissen, wer für was verantwortlich ist, um an der richtigen Stelle zu protestieren. Und ohne politische Bildung gibt es keine Demokratie. INTERVIEW: ILK

„Politische Bildung heute: Wozu, wohin, für wen?“, 20 Uhr, Institut für Sozialforschung, Mittelweg 36