Die Hoffnung des Mario Matt

SKI ALPIN Österreichs Olympiasieger erreicht das Ziel nicht mehr. Er bleibt optimistisch

„Die Probleme auf die Ski zu reduzieren, wäre zu kurz gegriffen. Das ganze Paket Mario Matt hat nicht wirklich funktioniert“

MARIO MATTS COACH CHRISTIAN HÖFLEHNER

AUS WIEN RALF LEONHARD

Für Slalom-Olympiasieger Mario Matt „läuft es blöd“. So bringt der ORF auf seiner Onlinesportseite das Debakel elegant auf den Punkt. Denn der 35-jährige Tiroler hat in keinem der fünf Weltcupslaloms der Saison das Ziel erreicht. Während Teamkollege Marcel Hirscher von Sieg zu Sieg eilt und als Favorit für Slalom und Riesenslalom zur bevorstehenden Weltmeisterschaft nach Vail reisen kann, hat Matt einen geradezu historischen Hänger.

Jeder Ausfall, so wissen die Kommentatoren, knabbert am Nervensystem. Selbstzweifel stellen sich ein, der nächste Ausfall ist vorprogrammiert. Mario Matt selbst gibt sich optimistisch. Im Training laufe es immer ausgezeichnet, sagt er, und er wisse, dass er schnell sein kann. Seine Fans in den Onlineforen machen sich trotzdem Sorgen. „Jetzt ist er massiv verunsichert. Wer hilft ihm?“, fragt ein Nutzer namens „Grazerbertl“. Die Sportreporter kennen seine Geschichte und verkneifen sich deshalb Empfehlungen, Matt solle sich vielleicht besser in die Skifahrerrente empfehlen. Denn in den technischen Disziplinen gibt es kein vergleichbares Stehaufmännchen. Gleich bei seinem dritten Weltcup-Einsatz feierte der damals 20-Jährige seinen ersten Sieg. Das ist jetzt 15 Jahre her. Er holte Gold bei der Weltmeisterschaft 2001 in St. Anton und stand zwei Saisons lang bei Slaloms immer wieder ganz oben auf dem Treppchen. Dann zog er sich im Januar 2002 eine Schulterverletzung zu und war mehrere Jahre nicht mehr in den vorderen Rängen zu finden.

Nichts wollte klappen. Nach und nach fiel das Slalom-Ass aus der ersten und dann auch aus der zweiten Startgruppe. Mit Startnummern jenseits der 40 musste er sich zurückkämpfen und schaffte 2007 nach einem Markenwechsel, was außer ihm selber und vielleicht seinem Trainer niemand für möglich gehalten hatte: den Sprung von ganz hinten aufs Podest. Und bei der WM in Aare gewann er neuerlich den Slalomtitel.

In der Saison 2009/10 lief es ähnlich schlecht wie in diesem Winter. In acht Slaloms kam Mario Matt nur zweimal ins Ziel. An die Qualifikation für die Winterspiele in Vancouver war nicht zu denken. Bei der WM 2011 in Garmisch war er wieder da und feierte mit dem vierten Platz und Laufbestzeit im zweiten Durchgang einen Achtungserfolg.

Für den jüngsten Ausfall im schweizerischen Adelboden gibt es eine profane Erklärung. Noch vor der ersten Zwischenzeit rutschte er auf einer Eisplatte aus: „Ich hab versucht, eine lockere Fahrt zu zeigen, ich war bei Weitem nicht am Limit. Dann bin ich ganz normal in die Passage reingefahren, und auf einmal ist mir der Ski weggegangen.“ Schuld daran soll das Material gewesen sein, erklärte Matt der Presse, „ein Ski ist in Aare kaputt geworden, der andere beim Ausfall in Madonna. Ich bin den Ski vom letzten Jahr gefahren, der ist halt von den Kanten her schon sehr dünn. Es nutzt alles nichts, man muss einfach weitermachen.“ Ausrüster Blizzard hatte für den Spitzenfahrer kein weiteres Paar Rennski in Reserve.

„Ich bin bei der Abstimmung sehr sensibel. Wenn bei mir die kleinste Kleinigkeit nicht passt, geht bei mir gleich gar nichts“, hat Matt einmal seine Ausfallserie erläutert. Ähnlich sagt es sein Coach Christian Höflehner: „Die Probleme auf die Ski zu reduzieren wäre zu kurz gegriffen. Das ganze Paket Mario Matt hat nicht wirklich funktioniert.“

Wenn sich Matt trotz der Nullergebnisse um seine Aufstellung für die WM in Vail keine Sorgen machen muss, dann hat er das nicht nur seinen in der Vergangenheit erworbenen Meriten zu verdanken, sondern auch dem Mangel an Konkurrenz. Außer Marcel Hirscher hat es in diesem Winter noch kein Österreicher im Slalom unter die ersten zehn geschafft – und der Tiroler Fritz Dopfer startet ja für Deutschland. Im Kader stehen die 36-jährigen Benjamin Raich und Reinfried Herbst. Auch sie sind in letzter Zeit selten ins Ziel gekommen. Herbst hat seit 2011 das Podest nicht mehr betreten. Trotzdem blockieren sie nicht den Weg für junge Talente, denn kaum jemand drängt nach.

Sollte sich Mario Matt demnächst aus dem alpinen Skirennsport verabschieden, muss man sich um ihn keine Sorgen machen. Er hat im Laufe der Jahre ein Gestüt aufgebaut und betreibt in St. Anton am Arlberg die Après-Ski-Bar „Krazy Kanguruh“.

Aber so weit ist es noch nicht. Auf seiner Website motiviert Mario Matt gar seine Fans: „Ganz oben ist’s am schönsten. Das weiß ich nicht nur als großer Bergfan. Mit zwei Weltmeistertiteln, 14 Weltcupsiegen und insgesamt 40 Podestplätzen hab ich schon öfter die Welt vom Stockerl aus genießen dürfen. Drückt mir die Daumen, dass noch viele weitere Höhepunkte folgen.“

Es ist nicht auszuschließen, dass Mario Matt den dritten Weltmeistertitel anpeilt.