Der Unbeugsame

Zumindest bis 2009 hat Weißrusslands autoritärer Staatspräsident Alexander Lukaschenko von Andrej Klimow nichts zu befürchten. Ein Minsker Gericht verurteilte den Regimegegner in einem nichtöffentlichen Prozess zu einer zweijährigen Haftstrafe. Klimow soll in einem im Internet publizierten Artikel zu einem Umsturz aufgerufen und den Staatschef beleidigt haben.

Der 41-Jährige hält einen traurigen Rekord: Er ist derjenige Oppositionelle, der seit dem Machtantritt von Lukaschenko 1994 die längste Zeit hinter Gittern verbracht hat. Der frühere Geschäftsmann und verheiratete Vater zweier Kinder brauchte nicht viel Zeit, um sich Feinde zu machen. 1995 wurde Klimow als Abgeordneter ins Parlament, den Obersten Sowjet, gewählt. Im November 1996 löste Lukaschenko das Parlament nach einem fragwürdigen Referendum auf. In der Folgezeit mutierte Klimow zu einem der schärfsten Widersacher Lukaschenkos und versuchte sich mit anderen Gleichgesinnten an einer – erfolglosen – Amtsenthebung des Präsidenten. Mit dem damaligen Oppositionsführer Viktor Gontschar verfasste Klimow ein Dokument, das akribisch zahlreiche Verfassungsverstöße des Staatschefs auflistete. Gontschar verschwand 1999, bis heute fehlt von ihm jede Spur.

Die Bestrafung – gängige Paxis, um Kritiker aus dem Verkehr zu ziehen – ließ auch im Fall Klimow nicht lange auf sich warten. 1998 wurde er wegen „betrügerischen Geschäftsgebarens“ verhaftet. Nach zweijähriger Untersuchungshaft wurde er 2000 zu sechs Jahren Arbeitslager verurteilt und sein Eigentum beschlagnahmt. In diesem Jahr stufte amnesty international Klimow als politischen Gefangenen ein.

2002 vorzeitig entlassen, landete Klimow drei Jahre später erneut für 18 Monate im Gefängnis. Diesmal lautete der Vorwurf auf Störung der öffentlichen Ordnung. Klimow, der zwischenzeitlich angekündigt hatte, bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren zu wollen, hatte am 25. März eine Protestkundgebung gegen Lukaschenko mit organisiert. Die dritte Verhaftung erfolgte im April dieses Jahres wegen der Publikation im Internet – der erste Fall dieser Art, was für die Zukunft nichts Gutes verheißt.

Seit mehreren Jahren leidet Klimow an verschiedenen Krankheiten. In einem Brief an seine Familie vom vergangenen Frühjahr berichtete er, einen Herzanfall erlitten zu haben. Als seine Angehörigen ihm Medikamente ins Gefängnis brachten, wurden ihm diese jedoch nicht ausgehändigt. „Seit ich in Haft bin, geht es mit meiner Gesundheit bergab“, sagte Klimow unlängst. Kein Wunder, dass seine Familie jetzt noch mehr um sein Leben bangt.

BARBARA OERTEL