Kunstrundgang
: Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

„Naked Smile (4:09)“ steht auf dem T-Shirt der jungen Frau. Und tatsächlich huscht ihr ein Lächeln über das Gesicht, während sie ihre Arme in die Luft wirft und der Körper sich leidenschaftlich zu Musik bewegt, die nur sie über einen Kopfhörer hört. Total unsexy ist dagegen, was man zunächst in dem Video „Raise the Roof“ von Nevin Aladag zu hören bekommt: tumbes Stampfen von Stilettos auf Teerdach. Und das mal vier. Denn vier Frauen tanzen – jede zu einem anderen Song – isoliert, aber dem Himmel ganz nah, dem Alltag so fern in persönlicher Ekstase versunken. Nur hin und wieder nimmt man daran teil, wenn man zum Mithören eingeladen wird. Nevin Aladag bricht so aber nicht nur die Lanze für eine um Alternative bedachte Popkultur – die Songs stammen allesamt von dem Münchener Label Gomma. Sicherlich erinnert die Szene auch an Zwischennutzung und das Glück jenseits gleichschaltendem Kommerz. Auch sprechen die Bilder von einem spezifisch weiblichen Widerstand. Doch weiß man darum, dass an diesem Ort einst DDR-Grenzsoldaten patroullierten, liegen in der einsamen Glückseligkeit ganz andere Dimensionen versteckt, über die es nachzudenken gilt.

Einen erweiternden Eingriff hätte man sich auch von Olafur Eliasson bei Henzes „Phaedra“ gewünscht. Doch jenseits von Schönheit und Geschick war da nicht viel. Eliassons typische Mixtur von physikalischen und emotionalen Facetten ging von Anfang an auf. Ein Metallreifen, ähnlich einer Springform, warf Reflexionen in den Saal, die an ein Universum erinnerten. Hausarbeit als Universum ist ja auch eine Aussage. Spiegelwände hatten ebenfalls mehr praktischen als philosophischen Inhalt. Und eine kaleidoskopartige 3D-Kugel imaginierte hin und wieder einen zerschlagenen Spiegel. Alles eher unterstützende denn ergänzende Perspektiven. Schade.

Nevin Aladag: Mit Shirts, Stilettos und Teer. Bis 27. Oktober, Di.–Sa. 11–18 Uhr, Gitte Weise Gallery, Tucholskystr. 47