Gabriel sieht Durchbruch für Klimaschutz

20 Staaten suchen in Berlin nach Wegen aus dem Klima-Stillstand. Konkrete Ergebnisse gibt es nicht. Doch der Chefverhandler der Vereinten Nationen, Yvo de Boer, hat Fortschritte erkannt. Und Umweltminister Gabriel spricht gar von einer Zäsur

AUS BERLIN HANNA GERSMANN

Die Welt ist in den letzten beiden Tagen besser geworden – so sieht es SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel. Das „Mikadospiel im Klimaschutz “ – Motto: Keiner bewegt sich – sei „durchbrochen“.

Anlass seiner Analyse: Montag und Dienstag hat Gabriel in Berlin mit Kollegen aus den USA, Australien, der EU, aber auch aus China, Indien und Brasilien verhandelt – im so genannten Gleneagles-Dialog, den die Chefs der führenden Industrienationen bei ihrem G-8-Treffen 2005 im schottischen Gleneagels vereinbart hatten. Die Minister sollen eine neue Klimaformel finden. Für Gabriel gibt es nun ein „Vor“ und „Nach“ der Berliner Konferenz.

Bislang sah es so aus, als käme der internationalen Klimadiplomatie die völkerrechtliche Grundlage abhanden. Denn die Staaten wollten sich nicht auf eine Nachfolgeregelung für das 2012 auslaufende Kioto-Protokoll einigen. Die Regierung des größten Treibhausgas-Emittenten USA lehnt Limits ab – solange sich nicht auch Schwellenländer wie China und Indien zu einer Begrenzung verpflichten. Diese verweisen indes darauf, sie seien kleinere Sünder und das Gros der Klimagase käme aus Industrieländern. Zunächst müssten sich die USA bewegen. „Heute“, so sagt Minister Gabriel, sei diese doppelte Blockade aufgebrochen.

Der Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, bestätigte Gabriels Analyse: „Alle wollen Fortschritte auf dem Weltklimagipfel in Bali“. Auf der indonesischen Insel werden unter Führung der Vereinten Nationen im Dezember die Weichen für das Kioto-Nachfolgeregime gestellt. In der letzten Zeit gab sich de Boer wenig zuversichtlich. Tobias Münchmeyer, der für Greenpeace die Klimadebatten verfolgt, hält de Boers Aussage nach dem Berliner Treffen deshalb für „sehr glaubhaft“.

Ein konkretes Papier verabschiedet haben die Minister in Berlin allerdings nicht. „Klar“ sei aber, so Gabriel, dass den Entwicklungsländern mit neuen Technologien geholfen werden solle. Und US-Vertreter hätten „betont“, sich in die Nach-Kioto-Verhandlungen einzubringen. Zudem sei die Klimaformel von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf „Aufmerksamkeit“ gestoßen.

Merkel hatte die Idee gleicher Pro-Kopf-Emissionsrechte für alle 6,5 Milliarden Menschen ins Gespräch gebracht. Um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, dürfte nach Berechnungen von Klimaforschern jeder Mensch nur noch 2 Tonnen CO2 pro Jahr ausstoßen. Derzeit stößt jeder Deutsche rund 10 Tonnen aus, ein Amerikaner 20 Tonnen, ein Inder nur 1,1 Tonnen. „Kohlendioxid muss einen Preis haben“, sagte Gabriel. Luftverpestung, da seien sich alle einig, solle teuer werden.

Konkrete Vorschläge gab es in Berlin nicht von den amtierenden Ministern, sondern von unabhängiger Seite: Die private United-Nations-Stiftung und einige ehemalige Regierungschefs etwa fordern jetzt einen milliardenschweren internationalen Fonds, damit ärmere Länder in saubere Projekte investieren können.