Profillose CDU durch Röwekamp

Auf der Klausurtagung der CDU soll die Wahlniederlage diskutiert werden, um eine neue Strategie zu entwickeln. „Mehr Authentizität“ fordert die frühere Kultur-Staatsrätin Elisabeth Motschmann

von Klaus Wolschner

Die Bremer CDU geht am Wochenende in Klausur, um zu beraten, wie es nach der Wahlniederlage im Mai weitergehen soll. Der abrupte Modernisierungs-Versuch, den Spitzenkandidat Thomas Röwekamp als sein persönliches Profil in den Wahlkampf eingebracht hatte, steht im Zentrum der Kritik. Während im Umfeld von Röwekamp noch versucht wird, aus der Wahlkampf-Idee eine Strategie zu machen, bringen seine Kritiker ihre Positionen zu Papier.

Am deutlichsten wird dabei die frühere Kultur-Staatsrätin Elisabeth Motschmann. Vor dem Hintergrund, dass vor allem ältere Menschen treu CDU wählen, kritisiert sie den allzu schnellen Generationswechsel an der Spitze. Die „Strategie, den Wahlkampf ausschließlich auf eine Person zuzuschneiden, war deshalb problematisch“, schreibt sie, „die Stammwähler der CDU, die zuallererst gewonnen werden müssen, brauchen auch optisch einen stärkeren Mix aus Alter und Geschlecht.“ In ihrer Frauenbroschüre habe die CDU „optisch nur mit ganz jungen Frauen“ geworben, obwohl das Stammwählerpotential der CDU „am wenigsten bei den 20- bis 30-Jährigen liegt“. Im Wahlkampf hätten die bremischen CDU-Frauen keine Rolle mehr gespielt.

Meinungsforschungsinstitute hatten die CDU jüngst daran erinnert, dass sie nur bei dem Thema „Wirtschaftspolitik“ einen Kompetenzvorsprung in den Augen der Wähler hat. Gerade dieses Thema zu vernachlässigen sei falsch gewesen, das ist auch die Überzeugung von Motschmann. Und wo es um Wirtschaftspolitik ging, etwa beim Thema Mindestlohn, habe die CDU mit dem neuen Stichwort „Kombilohn“ ihre Wähler eher verunsichert als traditionell sozialdemokratische Wähler überzeugt. „Den Wettlauf um dieses Thema konnte die CDU nicht gewinnen.“ Parteien müssten parteilich sein, findet Motschmann: „Auch wenn die Mehrheit der Bevölkerung einen Mindestlohn befürwortet, muss die CDU sich sehr genau überlegen, ob es klug ist, dieser Mehrheit zu folgen.“ Die CDU müsse „authentisch bleiben und die eigenen Wähler zufrieden stellen“.

Auch die „einseitige Bevorzugung der berufstätigen Mutter“ durch die Krippen-Diskussion habe sich „nicht in Wählerstimmen bei den jungen Frauen ausgezahlt“. Besonders nimmt Motschmann ihrem Spitzenkandidaten die Wende beim Thema Affenversuche übel. Mit einem Parteitagsbeschluss habe die CDU den Versuch unternommen, in die Wissenschaftsfreiheit hineinzuregieren – „Es darf bezweifelt werden, dass dieser Kurswechsel in der Wissenschaftspolitik das Image der CDU verbessert hat und dadurch neue Wähler gewonnen wurden.“ Thematisch habe die CDU sich schließlich „zu wenig an die Zielgruppe der Generation 60-plus gewandt“.

Motschmanns Fazit: „Die Verunsicherung der eigenen Wählerschaft resultiert aus der Tatsache, dass man zu sehr versucht hat, es allen recht zu machen und dabei das eigene Profil vernachlässigt hat.“ Die „Sozialdemokratisierung“ der CDU sei falsch, schließlich „wählt man lieber das Original als die Kopie“. Es gehe um die „Authentizität“ der CDU, „nicht bei jedem Thema darf die CDU anstreben, die Mehrheit der Bevölkerung zu gewinnen“.