LESERINNENBRIEFE
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...wenn unser starker Arm das will

■ betr.: „Streit um den Streik“, taz.bremen vom 3. 1. 2015 und „Wir klotzen für unsere Rechte“, taz.bremen vom 8. 1. 2015

Die Streikaktionen der Daimlerkolleginnen und Kollegen der letzten Monate waren unserer Meinung nach gerechtfertigt. Jetzt, im Januar, bekommen 600 Kolleginnen und Kollegen eine Abmahnung; jetzt sollte die IG Metall hinter den Menschen stehen und nicht solch fadenscheinigen Sprüche klopfen wie der Bevollmächtigte der IG Metall Bremen; jetzt sollte er Rückgrat zeigen und die Kollegen mit aller Macht unterstützen.

Wir, die Alternative aus dem Berliner Daimler Werk, stehen voll und ganz hinter den Kolleginnen und Kollegen, sowie hinter den Forderungen, die gestellt werden, keine Fremdvergabe, kein Outsourcing und die Rücknahme aller Abmahnungen vom Januar 2015. Viele Personalabteilungen haben so richtige Stasimethoden entwickelt, um die Kolleginnen und Kollegen einzuschüchtern, siehe Dezember 2014 in Bremen. Die IG Metall muss deutschlandweit wieder kämpferischer werden und sich um die Menschen kümmern, die die Hilfe der Gewerkschaften brauchen, dass Co-Management endlich fallen lassen und auch andere Listen von Betriebsräten akzeptieren und nicht diffamieren, denn nur in der Geschlossenheit liegt unsere Stärke. Der alte Spruch „alle Räder stehen still wenn unser starker Arm das will“, dieser Spruch hat heute wieder mehr denn je an Sinn gewonnen.  LUTZ BERGER, Betriebsrat Mercedes - Benz Werk, Berlin

Unsolidarisch und falsch

■ betr.: ebd.

In den Augen des IG-Metall-Bevollmächtigten mutiert diese bescheidene Arbeitsniederlegung von 1300 Beschäftigten vom „wilden Streik“ zum “politischen Streik“, zum „Streik mit politischen Zielen“ und schließlich zum Generalstreik mit „französischen Verhältnissen“.

Und das alles, weil es angeblich „um die Abschaffung der Leiharbeit“ ging. Wie bitte? Es ging um Outsourcing und Fremdvergabe an Werkvertragsfirmen. Also um Forderungen auf Reduzierung von Werkverträgen in diesem Betrieb! Daran ist nichts „französisch“ und erst recht ist daran nichts aber gar nichts, was mit einem politischen Streik oder gar einem Generalstreik zu tun haben könnte. Im Gegenteil: Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung von 2012 die “Einheit der Belegschaft“ als Rechtsprinzip anerkannt, indem es ausdrücklich jede Leiharbeit als Ausnahme-Beschäftigungsform charakterisierte. Das gilt auch für Scheinwerkverträge. Andererseits hat das BAG mehr oder weniger die Bestimmungen im AÜG über illegale Leiharbeit für sanktionslos erklärt. Und der Gesetzgeber redet, aber handelt nicht. Was die Daimler-Arbeiter dort forderten, war also nichts anderes als die Einhaltung anerkannter Arbeitsrechtsstandards. Das war zulässig und legitim. [...]

Der „wilde Streik“ ist rechtswidrig? [...] Noch Anfang der 1970er Jahre gab es eine Vielzahl von Stimmen, die ihn nicht als rechtswidrig ansahen. [...] Dabei wurde dem spontanen Streik ausdrücklich für den Fall ein legaler Charakter zugesprochen, in dem die zuständige Gewerkschaft ihrer Aufgabe nicht oder nicht mehr gerecht geworden ist…

[...] Die Stellungnahme von Herrn Stahmann ist also nicht nur unsolidarisch und falsch, sie ist auch zutiefst absurd. Anstatt sich zum Hüter reaktionärer Arbeitgebermeinungen zu machen, sollte er sich schleunigst mit den berechtigten Anliegen der Streikenden befassen. Es könnte sonst sein, dass plötzlich solche Arbeitseinstellungen gerade unter Hinweis auf “gewerkschaftliche Untätigkeit“ demnächst für legal erklärt werden.  ROLF GEFFKEN, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg