Erzbischof ohne Job, aber nicht mundtot

Er wird seine Stimme weiter gegen das Regime in Simbabwe erheben. Das ist Pius Ncubes Prophezeiung, auch wenn seine Zukunft ungewiss ist. Er will sich nicht zum Schweigen bringen lassen gegen das Böse, fabriziert durch Präsident Robert Mugabe. Aber der jüngste Skandal kostete den Erzbischof von Bulawayo seinen Job: Nach zehn Jahren im Amt trat er Dienstag zurück und schickte sein Entlassungsgesuch an den Vatikan: um die Kirche durch den Angriff auf seine Person nicht ins schlechte Licht zu rücken, vielleicht aber auch, weil der interne Druck zu groß war.

Die Anschuldigungen gegen ihn, ein Frauenheld zu sein, entbehren anscheinend nicht jeder Grundlage, denn ein Video und Fotos tauchten in den staatlichen Medien auf. Dabei handelt es sich laut Staatspropaganda um echte Aufnahmen. Sie zeigen Ncube mit seiner Geliebten, einer verheirateten Frau, im Schlafzimmer. Die Kamera hatte ein Privatermittler heimlich installiert, im Auftrag des Ehemannes – eine Falle für den 61-jährigen Bischof, bei dem angeblich viele Frauen ein und aus gingen. Manipulation, sagen seine Anwälte, die vor Gericht um Akteneinsicht kämpfen. Der Ehemann, selbst längst mit einer anderen Frau im Bunde, verklagt Ncube auf 160.000 Dollar Entschädigung. Und Mugabes Regierung reibt sich die Hände, denn die Glaubwürdigkeit des schärfsten Regimekritikers ist angeschlagen. Zudem lenkt der Wirbel von der miserablen wirtschaftlichen Lage in Simbabwe ab.

Für einen Kirchenmann eher ungewöhnlich, äußerte sich Ncube oft politisch. Er scheute sich nicht, Mugabe als Monster zu bezeichnen und – ganz entgegen der christlichen Lehre – für dessen Tod zu beten. Ihm vergeben kann Ncube wohl nicht: Lange vor dem heutigen Terror erlebte er die Gräueltaten des Mugabe gegen politische Gegner als junger Priester in Matabeleland. Dort wurde er in Gwanda geboren und betreute später die ländlichen Gemeinden. Wie Mugabe wurde Ncube von Jesuiten erzogen.

Die Massaker an den Ndebele, die in den 80er-Jahren gegen Mugabes eiserne Politik aufbegehrten, ziehen bis heute Gräben durch die Gesellschaft. Damals konnte der junge Ncube nichts sagen, die Kirche hielt ihn zurück. Als Erzbischof wurde er ungeduldig. In diesem Jahr rief er mehrmals zum Massenprotest gegen die Regierung auf, mit ihm an der Spitze. Er appellierte an ausländische Mächte, Mugabe abzusetzen.

Es war nur eine Frage der Zeit, wann Mugabe gegen den für ihn schädlichen Bischof vorgehen würde, zusätzlich zu den Morddrohungen, denen Ncube bereits ausgesetzt ist. Ein Skandal kommt dem machtbesessenen Präsidenten so oder so mehr als gelegen.

MARTINA SCHWIKOWSKI