ürdrüs wahre kolumne: Verdianer, saget Nein
In zehn Multiplex-Kinos legt der Hamburger Florian Weischer ab November Stinkbomben zur olfaktorischen Bereicherung des Werbeblocks: Luxusschleudern auf der Leinwand verströmen dann edle Lederdüfte, bei Spots für Slipeinlagen werden basic instincts geweckt und bei Wahlwerbung mit der Kanzlerin weht noch ein Hauch vom Herrenduft des jeweiligen Begleiters Putin, Gabriel oder Sarkozy zu uns rüber. Ein Grund mehr, diese Lichtspielhäuser zu meiden, die eben nicht nur das gute alte Nachbarschaftskino liquidieren...
Ein ruchloser Enkel hat in Walsrode einen Molotow-Cocktail in seiner Omma ihr klein Häuschen geworfen und damit 35.000 Euro Sachschaden angerichtet. Dafür sind diese folkloristischen Feuerwerksartikel ja nun wirklich nicht gedacht!
Brave Bus- und Straßenbahnfahrer in Hannover sollen am Wochenende vom kommunalen Verkehrsträger Üstra gezwungen werden, Horden gewaltbereiter, nach Schnaps, Schweiß und Sprengstoff stinkender Nazis und Nazissen in Sonderfahrten zum NPD-Parteitag ins HCC zu transportieren, und werden dadurch bei eventuell verdunkelter Hautpigmentierung oder legerer Haartracht sogar in Lebensgefahr gebracht. Verdianer, saget Nein zu dieser Zumutung!
Uwe Uwe Seeler wunderbar, er hat die Schirmherrschaft für die Internationalen Sporttage der Seemannsmission nächste Woche in Hamburg, Bremen und Antwerpen übernommen. Wann hätte man solch nobles Tun je von den Bussi-Bussi-Gesichtern aus der Bayern-München-Führung vernommen?
Kürzlich fragte ich an dieser Stelle nach dem Verbleib von Ronald Schill und schon glotzt dieser durchgeknallte Desperado und deutsche Richter uns von der Titelseite der Mopo an, nachdem ihn ein Leserreporter in Rio beim Tennisspielen entdeckt hat. Allerdings sieht der Ex-Senator keineswegs so lässig-souverän aus, wie der frühere Posträuber Ronald Biggs in seinem südamerikanischen Exil, sondern wirkt mit seinem sonnenverbrannten und alloholgezeichneten Gesicht eher wie ein Verdammter dieser Erde, wie er sie dereinst schon wegen ihrer bloßen Existenz in den Knast bringen wollte: Hier scheint das Schicksal endlich mal auf krummen Zeilen gerade zu schreiben!
Groß ist der Tigerberg, den es zu erobern gilt – größer noch ist die Weisheit des Volkes, die sich auf der Stadtmöblierung bei einer Straßenbahnhaltestelle in der Bremer Stadtmitte mit dieser Parole Ausdruck verschafft: „Wer nicht liebt, ist auch nicht lieb!“
Dass der niedersächsische Volksheld Prinz Ernst August von Hannover jetzt ein Wiederaufnahmeverfahren vor dem OLG Celle erreicht hat, ist nur zu begrüßen, denn dieser Mann kämpft als wahrer Ritter unserer Zeit für das Gute. Ob er nun in Kenia Touristen und Ureinwohner gegen das Lärmen zwielichtiger Tanzhallenbetreiber verteidigt, Bild-Schnepfen am Telefon ihrer Verkommenheit zeiht oder autoritäre Staaten mit seinem mächtigen Harnstrahl an deren Repräsentationsbauten symbolisch attackiert: Stets ist dieser Welfe an der Seite des einfachen Volkes – was man von den landesüblichen Ministerpräsidenten keineswegs behaupten kann – weiß zumindest
ULRICH „BLAUBLUT“ REINE-KING
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