Tschads mutige Kämpferin

Der Einsatz für Menschenrechte in Afrika ist gefährlich, und viele Aktivisten spüren dies am eigenen Leib. Jacqueline Moudeina aus dem Tschad, die gestern mit dem Alternativen Nobelpreis 2011 ausgezeichnet wurde, ist da keine Ausnahme. Am 11. Juni 2001, als Tschads Demokratiebewegung in Ndjamena gegen Wahlfälschung durch Präsident Idriss Déby demonstrierte, wurde die Menschenrechtlerin von der Polizei mit einer Handgranate beworfen und musste nach Frankreich evakuiert werden, wo sie sich dann über ein Jahr lang in Behandlung befand.

Augenzeugen zufolge war das ein gezielter Angriff auf eine streitbare Juristin, die sich wie keine Zweite im Tschad für die Opfer des 1990 gestürzten Diktators Hissein Habré einsetzte. Rund 40.000 Menschen fielen dem Habré-Regime von 1982 bis 1990 zum Opfer. Moudeina, 1957 geboren, war 1979 aus dem Tschad nach Kongo-Brazzaville geflohen und kehrte 1995 in die Heimat zurück. Dort bastelte sie an Anklagen gegen Hissein Habré. Dass im Jahr 2000 gegen den Exdiktator in Senegal ein Ermittlungsverfahren wegen Folter und Barbarei eröffnet wurde, geht maßgeblich auf Moudeinas Arbeit zurück; dass Habré bis heute nicht vor Gericht stehen muss, zeigt zugleich die Grenzen dieses Engagements auf.

Für Menschenrechte kämpft Moudeina auch an anderer Front. Seit 2004 leitet sie die tschadische Menschenrechtsvereinigung ATPDH (Tschadischer Verband zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte). Die ATPDH setzt sich unter anderem für die Rechte von Gefängnisinsassen ein, für die Opfer von Kindersklaverei und für die Betroffenen der Ölförderung im Süden des Tschad.

Diese Arbeit bleibt gefährlich. Als 2008 blutige Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen mitten in Ndjamena ausbrachen, musste sie in einer Burka verkleidet quer durch die Stadt flüchten, um schließlich unter anderem auf deutsche Initiative hin nach Frankreich evakuiert werden zu können. Sie lebt heute wieder im Tschad. Von einem Prozess gegen Hissein Habré ist derweil nicht mehr die Rede. Immerhin ist ihr Lebenswerk jetzt international gewürdigt.

DOMINIC JOHNSON

Wirtschaft + Umwelt SEITE 9