Wind aus den Segeln

URTEIL Gericht erklärt Schleswig-Holsteins Planungen zur Ausweisung von Windpark-Flächen für ungültig. Land erwartet dennoch weiteren Ausbau

Gut 150 Mitglieder gehören der Genossenschaft an, die einen Windpark in Nübbel errichten wollen. Aber eine Mehrheit im Dorf will keine Rotoren – also strich das Land den Ort von der Karte wind-geeigneter Regionen in Schleswig-Holstein. Die verhinderten Windmüller klagten, ebenso wie zehn andere Gemeinden oder Einzelpersonen: Die einen wollen mehr, die anderen weniger Flächen für Windräder. Das Oberverwaltungsgericht in Schleswig gab ihnen am Dienstag Recht: Politische Gründe dürften rechtliche Erwägungen nicht ersetzen. Es hob die Regionalpläne auf, mit denen die Landesregierung dafür sorgen wollte, dass nur in bestimmten Regionen Windräder errichtet werden.

Dabei hatte das Land eigentlich alles richtig gemacht: Rechtzeitig wurden die Bürger beteiligt, ein Veto der Gemeinden berücksichtigt. Die Landesregierung „hat sich Gedanken um die Akzeptanz gemacht“, erklärte Norbert Schlick, Referatsleiter der Landesplanung, vor Gericht. Schon jetzt stehen in Schleswig-Holstein mehr Windräder als in jedem anderen Bundesland, und ihre Zahl soll steigen: 1,5 Prozent der Landesfläche sollen als Gelände für Rotoren ausgewiesen werden.

Um den Widerstand zu senken, entschied die Landesplanung, alle Gemeinden auszunehmen, die ein Votum gegen Wind abgaben. Und in den Orten, die Wind-Flächen bekommen, dürfen die Gemeinderäte bis zu 50 Prozent wegplanen. Zu weich, zu unklar, fanden die Kläger – das Gericht schloss sich an. Norbert Schlick klang bei am Ende der Verhandlung fast verzweifelt: „Schleswig-Holstein will ausbauen – wir müssen uns doch damit beschäftigen, wie wir mit unseren Gemeinden umgehen.“

Aber dort sind die Meinungen gespalten, wie etwa in Nübbel: Von einem „Graben quer durch das Dorf“ spricht eine Frau, die sich den Energiepark wünscht. Sie hofft, dass das Land den Plan nachbessert – und fürchtet, dass es schlechter wird: „Wenn jeder baut, wie es ihm gefällt, stehen da nachher 20 Windräder.“ So sieht es auch Thomas Losse-Müller, Chef der Staatskanzlei: „Das Urteil führt zu mehr Windrädern, nicht zu weniger.“  EST