WORTMELDUNG
: Handys gehören zum Alltag – und auch in den Unterricht

ist Landesschülervertreter in NRW

TOM JOSTEN

Wer heute nur immer das tut, was er gestern schon getan hat, der bleibt auch morgen, was er heute schon ist.“ Wie schon Leonardo da Vinci bemerkte, tut man gut daran, offen für Neues zu sein. Die Schule ist ist da eigentlich keine Ausnahme. Oder?

Obwohl es im Leben der meisten Jugendlichen eine wichtige Rolle spielt, ist das Smartphone an vielen Schulen nach wie vor tabu. Arne Ulbricht forderte vergangene Woche an dieser Stelle, dass es so bleibt. Immer noch haben viele Lehrer Angst vor dieser Innovation. Vermutlich fürchten sie um ihr Wissensmonopol im Unterricht, denn andere Gründe sind oft sehr fadenscheinig.

Nehmen wir zum Beispiel das Argument, SchülerInnen beschäftigten sich in den Pausen nur noch mit Candy Crush, WhatsApp & Co. Der Fußballplatz sei ausgestorben, auf dem Pausenhof rollen nur noch Büsche, wie man sie aus alten Western kennt. Nun, an meiner Schule ist das Handy während der Pausen seit einem halben Jahr erlaubt, und zwar sowohl im Schulgebäude als auch auf dem Pausenhof. In den Toren auf dem Fußballplatz hängen jedoch keine Spinnenweben, selbst bei stärkstem Dauerregen findet man immer Fünft- und Sechstklässler, die Wind und Wetter trotzen. Also scheint die fabelhafte Welt der sozialen Netzwerke kein vollkommener Ersatz für sportliche Aktivitäten geschweige denn menschliches Miteinander zu sein.

Zum anderen: Selbst wenn ich zu den glücklichen Naiven gehören sollte und das Kind von heute an sich doch anfällig für das 4-Zoll-Display seines Smartphones ist – löst ein Handyverbot dann wirklich das Problem? Genau wie das Marihuanaverbot nicht zu weniger Kiffern führt, so wird ein Handyverbot in der Schule nicht bewirken, dass Kinder ihre Freunde auf einmal mehr wertschätzen und ihren Handykonsum in der Freizeit einschränken.

Viel mehr als ein stupides Verbot würde hier das Einüben eines maßvollen Konsums helfen, um so gegen etwaige Tendenzen sozialer Entfremdung vorzugehen. Wenn man Schule als Lebensraum begreift, was sie für den Großteil der Schüler ist, macht dies sehr viel Sinn.

Selbst die Nutzung des Smartphones im Unterricht kann in manchen Situationen sinnvoll sein: Die Kassen der Kommunen sind leer, die Schulcomputer häufig mit der neuesten Software aus dem Jahre 2001 ausgestattet, und die Internetverbindungen können sich oft mit der Baugeschwindigkeit des Berliner Flughafens messen. Smartphones bieten da eine willkommene Alternative.

Zum anderen scheint Befürwortern eines strikten Handyverbots entgangen zu sein, dass wir uns mittlerweile im Informationszeitalter bewegen: Während der Brockhaus im elterlichen Bücherregal verstaubt, suchen die meisten Jugendlichen im world wide web nach Informationen. Medienkompetenz wird für zukünftige Generationen immer wichtiger, wir brauchen Schülerinnen und Schüler, die aus einer Flut von Informationen die relevanten heraussuchen können – und das auch im Netz.

Andere Staaten haben das schon lange erkannt, in den USA ist Programmieren als Unterrichtsfach mittlerweile etabliert, und in Dänemark sind Schüler, die ohne Stift und Papier auskommen und dafür mit Tablets hantieren, keine Seltenheit. Lasst uns also versuchen, das Handy auch an der Schule endlich als das zu begreifen, was es in der Realität schon lange ist: ein Kompass in der digitalen Welt, ein Werkzeug, das uns unheimlich viele Möglichkeiten eröffnet, aber auch Risiken birgt, mit welchen wir uns in der Schule kritisch auseinandersetzen müssen.