Die Zukunft des Lokalen: Haben Regionalzeitungen überhaupt noch eine Chance?

Da hat die Welt den Nachrichtenticker erfunden, das Online-Partizipations-Portal, das Digitalfernsehen und den Gonzo-Journalismus - aber am Grundsätzlichen hat sich nichts geändert. Andreas Wolfers sagt: „Die alte Regel gilt noch - die beste praktische Erfahrung kriegt man im Lokaljournalismus.“ Wolfers leitet die Hamburger Henri-Nannen-Journalistenschule. Und die meisten Bewerber, die sich um einen Ausbildungsplatz bewerben, sagt er, hätten die ersten Schritte in einer Lokalredaktion gemacht. Auch die Zahlen sprechen für die Relevanz des Lokalen: Es gibt etwa 340 Regionalzeitungen, die etwa 1.500 Lo-kalteile produzieren - bei etwa 10 über-regionalen Zeitungen. Der oft gering geachtete Lokaljournalismus ist und bleibt Aschenputtel und Fundament des Berufsfelds zugleich. Was bleibt, ist die Qualitätsfrage.

Marcus Stölb hat „16vor.de“ gegründet, eine Lokalzeitung für Trier - im Netz. Er sagt, er habe im Lokaljournalismus „eine Verflachung festgestellt“ und er sehe einen Zusammenhang mit der Monopolstellung vieler Zeitungen. Etwa 140 Regionalzeitungen sind in ihrem Kreis konkurrenzlos - und können sich, eine Binsenweisheit, nur weniger Qualität leisten. Stölb sagt, es gebe eine „Tendenz zur undistanzierten Berichterstattung“. Zeitungen seien bei vielen Firlefanzveranstaltungen Medienpartner, seitenweise würden nur Fotos von Flohmarktbesuchern gedruckt. „Da wird Lesernähe vorgegaukelt“, sagt Stölb. „Aber man könnte auch sagen, wir machen ein vernünftiges Produkt, dann binden wir den Leser auch.“ Bei „16vor.de“ gibt es jeden Tag nur zwei bis drei eigene Artikel, aber Stölb sagt: „Die müssen gut recherchiert sein.“ Sein Gegenentwurf zur von ihm kritisierten Gefälligkeits- und Boulevardberichterstattung. Sein Weg könnte Zukunft haben.

Fudder.de, ein Webportal für Freiburg, hat 2007 einen Grimme-Online-Award bekommen: Weil es zeige, wie ein junges Publikum auf Lokalebene angesprochen werden könne - etwa durch lokale Inhalte, Partizipation der Nutzer und multimediale Elemente. Fudder-Projektleiter Markus Hofmann sagt: „Es ist ein anderes Medium als die Zeitung, mit anderen Funktionen.“ Fudder und - im kleineren Rahmen - „16vor“ stehen so als Beispiele dafür, wie Lokaljournalismus in Zukunft auch aussehen könnte. „Die Geschichte zeigt“, sagt Markus Hofmann, „dass die neuen Medien die alten nicht ersetzen, sondern ergänzen.“ Aber vielleicht, glaubt Marcus Stölb, sei die Internetkonkurrenz für die Lokalzeitung sogar eine Chance - vielleicht zwinge sie gestandene Monopolzeitungen ja zu besserem Journalismus. Klaus Raab