MARTIN LUTHER?
: Den Berlinern freigeben

„Denn Gott will keine faulen Müßiggänger haben, sondern man soll treulich und fleißig arbeiten, ein jeglicher nach seinem Beruf und Amt, so will er den Segen und das Gedeihen dazu geben. Der Mensch ist zur Arbeit geboren wie der Vogel zum Fliegen.“ Also sprach Martin Luther, dessen Coup mit den Thesen sich bald zum 500. Mal jährt. Aus diesem Anlass schenken uns seine Nachlassverwalter ausgerechnet einen arbeitsfreien Tag.

Der 31. Oktober 2017 wird, so Gott will, ein Dienstag sein – und auf Beschluss des Senats ein einmaliger Feiertag. Am Mittwoch reichten die Fraktionen von CDU und SPD den entsprechenden Antrag an das Abgeordnetenhaus ein. Dafür, das Reformationsfest wenigstens einmal zum arbeitsfreien Tag zu adeln, hatte die evangelische Landeskirche fleißig getrommelt.

Tatsächlich ist Berlin das letzte Bundesland, das sich dem Aufruf zum frommen Nichtstun anschließt. In den fünf neuen Ländern legt man am Luthertag seit der Wende die Beine hoch, in den anderen bleibt es beim einmaligen Event 2017, wenn die Jubelfeiern rund um den schillernden Wittenberger den Höhepunkt erreichen. Vorher darf man sich in dem Jahr auf dem 36. evangelischen Kirchentag in Berlin streiten, was nun am ehesten von dem wortgewaltigen Bibelübersetzer bleibt: die Befreiung vom Papsttum, die Fusion von Religion und Untertanengeist, der Proto-Antisemitismus, die Trinksprüche oder eben der Keim dessen, was die Soziologie dann als „protestantische Arbeitsethik“ bezeichnete.

Wer Luther ernst nimmt, nimmt sich am 31. 10. 2017 Arbeit mit nach Hause – getreu nach dessen Motto „Von Arbeit stirbet kein Mensch; aber von Ledig- und Müßiggehen kommen die Leute um Leib und Leben.“ Alle anderen denken jetzt schon an den Brückentag. CLP Foto: Archiv