„Die Schulden tragen wir“

KULTURFÖRDERUNG Dirk Bauer und Dieter Leinfelder, Betriebsräte des Bremer Theaters, über Altlasten, Intendantenfreiheit und den 26-Millionen-Kontrakt mit dem Senat

■ ist Verwaltungsmitarbeiter und Betriebsratsvorsitzender des Bremer Theaters. Dieter Leinfelder betreut seit 22 Jahren die Requisiten des Theaters.

INTERVIEW: KLAUS WOLSCHNER

taz: Ein Kontrakt über jährlich 26 Millionen Euro – ist das Theater glücklich?

Dirk Bauer: Das Theater hat damit für die nächsten sechs Jahre Planungssicherheit. Wir haben über ein Jahr an diesem Kontrakt gearbeitet und jede Kostenstelle dreimal betrachtet. Der Kontrakt bedeutet konkret, dass wir Stellen abbauen müssen wie der öffentliche Dienst insgesamt.

Wie viel öffentlichen Zuschuss hat das Theater denn bisher bekommen?

Bauer: Geringfügig weniger. Das war in dem Konsolidierungsplan von 2009 festgelegt worden, nach der Musical-Krise.

Nun hat das Theater noch 4,5 Millionen Altschulden aus der Ära Frey – kann das Theater die selbst abbauen?

Bauer: Diese 26 Millionen sind das, was wir zum Betrieb des Theaters brauchen. Im Jahre 2010 sind wir damit ausgekommen, aber alte Schulden tilgen konnten wir nicht.

Der Sprecher der Kulturbehörde hat gesagt, die Altschulden würden anders geregelt.

Bauer: Dann würden wir uns freuen. Im Sommer 2013 läuft der Notlagen-Tarifvertrag aus dem Jahre 2005 aus, der beinhaltet einen Lohnverzicht der MitarbeiterInnen von rund 300.000 Euro im Jahr...

Dazu tragen alle bei – auch der Intendant?

Dieter Leinfelder: Der bekommt keinen Tariflohn. Alle tariflichen Mitarbeiter tragen dazu bei. Wobei man wissen muss: Ein Schauspiel-Anfänger verdient hier 1.650 Euro brutto. Mit dem Lohnverzicht sollten die Altschulden der Pierwoß-Ära abgebaut werden, das ist unter Frey aber nicht passiert. Dafür wurden neue gemacht. Die Wut darüber sitzt tief in der Belegschaft.

Jetzt kommt ein neuer Intendant – werden dann wieder Schulden gemacht?

Leinfelder: Das ist die Frage. Wenn es nach uns geht, nicht. Wir haben uns an der Suche nach einem neuen Intendanten beteiligt, weil wir eine Person wollten, die verantwortlich mit diesem Theater umgeht. Wir haben ja für die Übergangszeit auf einen Intendanten ganz verzichtet, und ich muss sagen: Das ist eine gute Erfahrung. Die Leute fühlen sich mitgenommen und beteiligt. Die Stimmung im Hause ist eine ganz andere ohne den Druck durch einen „Sonnengott“. Ich hätte mir in der Stadt den Mut gewünscht, dieses in Deutschland einzigartige Modell fortzusetzen. Ich wünsche mir, dass der neue Intendant Michael Börgerding den Team-Geist fortsetzt.

26 Millionen Euro sind eine Menge Geld – steht das Bremer Theater vergleichsweise gut da?

Bauer: In Hannover hat allein die Oper 60 Millionen. Das Bremer Theater liegt am unteren Ende, wenn man es mit Vier-Sparten-Häusern anderswo vergleicht.

Das Tanztheater kooperiert schon mit Oldenburg.

Bauer: Der Sinn dieser Kooperation war, Geld zu sparen – das wurde aber genauso teuer und künstlerisch hatten wir weniger als vorher.

Und das Event Seebühne?

Bauer: Das ist ein interessantes Format. Es muss aber jemand das finanzielle Risiko übernehmen.

Etwa Hans-Joachim Frey?

Leinfelder: Der soll doch Event-Manager in Linz werden.

Es wurde bei seinem Musical-Projekt Marie-Antoinette gesagt, die Risiken seien von Schweizer Bürgen abgesichert.

Leinfelder: Es wurde viel gesagt. Die Schulden tragen wir.

Nun kommt der Kulturrat und die staatsfreien Kultur-Einrichtungen und wollen auch so einen Kontrakt über sechs Jahre.

Leinfelder: Klar. Da kann ich nur sagen: Auf! Die Adresse ist bekannt.