Neumann tritt ab

Überraschung nach der CDU-Klausur: CDU-Chef Bernd Neumann (65) will „einen Nachfolger vorschlagen“. Nach dem großen Streit um Röwekamp bleibt vorerst offen, wer das sein soll

Von Klaus Wolschner

Die Bombe platzte ein wenig lapidar nebenher: Bernd Neumann, seit 1979 Landesvorsitzender der Bremer CDU, will im kommenden Mai abtreten und nicht wieder für das Amt kandidieren. Das teilte Neumann selbst gestern bei einer Pressekonferenz mit den Worten mit, niemand habe Kritik an seiner Amtsführung oder der Amtsdauer geübt, er wolle aber „zur richtigen Zeit einen Nachfolger für mich selbst vorschlagen“. Thomas Röwekamp, der Spitzenkandidat und Fraktionsvorsitzende, ließ es offen, ob er selbst das Parteiamt im Mai übernehmen will. Neumann erwähnte mehrfach den früheren Wirtschaftssenator Hartmut Perschau als den Mann, der der „Sympathieträger der CDU“ in den guten Zeiten der großen Koalition gewesen sei. Den anderen Aspiranten auf das Amt des Landesvorsitzenden, Jens Eckhoff, will Neumann nicht – gleich zwei Mal sprach er die „scheiß Wanzenaffäre“ an, die der CDU geschadet habe.

Auf der Klausurtagung von Landesvorstand und Fraktion der CDU am Wochenende hatte es eine sechs Stunden dauernde Aussprache über das schlechte Wahlergebnis der CDU am 13. Mai gegeben. Dabei wurde auch die Politik und die Figur des Spitzenkandidaten Röwekamp heftig angegriffen – und zwar sowohl von konservativer Seite als auch von Seiten derer, denen die Positionierung der CDU als Großstadtpartei nicht konsequent genug war. Die Aussprache sei ein „reinigendes Gewitter“ gewesen, berichtete Neumann, am Ende sei aber kein Beschluss gefasst worden. Er brachte die Linie der CDU auf einen Formelkompromiss: „Wir bleiben Volkspartei der Mitte, die sich ihren konservativen Wurzeln verpflichtet fühlt.“ Was das konkret bedeutet, sollte nicht in Papieren beschrieben werden, sondern in der politischen Praxis deutlich werden, erklärte Röwekamp. In den Jahren der Regierungsbeteiligung habe der Schwerpunkt der Wahrnehmung der CDU auf den Themen ihrer Ressorts gelegen, in der Opposition müsse die CDU „in allen Politikfeldern Alternativen“ entwickeln und den anderen Themen mehr „Aufmerksamkeit schenken“.

Die CDU hatte Matthias Jung, den Chef der Forschungsgruppe Wahlen, zu ihrer Klausur eingeladen. Der habe erläutert, dass das Potential der CDU in Bremen zwischen 23 und 33 Prozent liege, berichtete Neumann. Auf das Dilemma, dass die CDU vor allem in den jüngeren Altersgruppen nur noch „drittstärkste“ Partei ist, ging Neumann nicht ein. Mehr als die 33 Prozent könnte die CDU – Beispiel Hamburg – nur in außergewöhnlichen Situationen erreichen, und der Erfolg sei immer auch „mit einer Person verbunden“, formulierte Neumann.

Konkret will die CDU bei der Suche nach ihrem Profil nicht nach Mehrheitsmeinungen schielen. So bleibt es dabei, dass die CDU die Steigerung der Mietobergrenzen für Sozialhilfe-Empfänger als überzogen ablehnt und Studiengebühren fordern will (s. Bericht Seite 22). Die Position zur Schulpolitik soll überdacht werden, dabei soll eine „Enquetekommission“ helfen. Schulpolitik in der großen Koalition sei immer Parteienkompromiss zwischen SPD und CDU gewesen, mit dem Zustand sei niemand zufrieden, erklärte Röwekamp. Offenbar gibt es in der CDU Stimmen, nach Hamburger Vorbild ein zweigliedriges System zu favorisieren: Gymnasien auf der einen, Gesamtschulen (mit der Option eines Abitur nach 13 Jahren) auf der anderen Seite. Für dieses Modell sollte „gesellschaftlicher Konsens“ gesucht werden, erklärte Röwekamp.