Fast einig gegen Abschiebehaft-Änderung

ASYLPOLITIK Wie sich Bremen im Bundesrat zum Gesetzentwurf über eine Reform des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung verhalten solle, debattierten am Donnerstag die Abgeordneten der Bürgerschaft

„Das Problem ist, dass die Fälle von Abschiebehaft mit dem geplanten Gesetz sprunghaft nach oben gehen werden“

Kristina Vogt, Fraktionschefin Die Linke

FlüchtlingsaktivistInnen sprechen von „einer der schlimmsten Verschärfungen in der Asylpolitik seit dem Asylkompromiss von 1990“, die da auf Bundesebene bald beschlossen werden soll. Etwa 50 Leute versammelten sich deswegen am Donnerstag zu einer Kundgebung vor der Bürgerschaft. Drinnen nämlich debattierten die Abgeordneten über Bremens Kurs im Bundesrat, wenn am 6. Februar das „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ auf der Tagesordnung steht.

Kritisiert wird das Gesetz, weil es neben Verbesserungen in Sachen Bleiberecht für Geduldete vor allem die Ausweitung der Abschiebehaft bedeutet: Wer eine erhebliche Summe für eine Einschleusung gezahlt hat, soll künftig in Haft genommen werden können.

Das allerdings treffe auf sehr viele Flüchtlinge zu, weil die Politik der Abschottung an Europas Grenzen kaum andere Möglichkeiten lasse, erklärte die Linkspartei.

Die Linksfraktion beantragte, dass die Bürgerschaft für Bremen eine Ablehnung des Gesetzes beschließt. Dem Antrag stimmten die anderen Fraktionen zwar nicht zu, besonders die Grünen aber sahen sich inhaltlich in der Ablehnung des Gesetzes mit der Linken einig – einzig der Wunsch des sozialdemokratischen Koalitionspartners habe zu der formalen Ablehnung des Antrags geführt, sagte deren Innenpolitischer Sprecher Björn Fecker.

Solange die Grünen ihrer inhaltlichen Linie aber in der koalitions- und senatsinternen Abstimmung treu bleiben, liefe es auf Bundesebene wohl mindestens auf eine Enthaltung Bremens zum Gesetz hinaus. Das wäre auch eine Chance für die Bundesgrünen, sich der klaren Haltung ihrer Bremer Parteifreunde anzuschließen. Immerhin hätten sie in Sachen Asylpolitik noch einiges gutzumachen, nachdem das Gesetz, mit dem Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt wurden, durch die Zustimmung von Baden-Württembergs grünem Ministerpräsidenten Wilfried Kretschmar ermöglicht wurde.

Staatsrat Thomas Ehmke (SPD) erklärte für den Innensenator, dass Bremen sich am Donnerstag im Innenausschuss bereits gegen die Verschärfung der Gründe für eine Abschiebehaft ausgesprochen habe und auch weiterhin auf Verbesserungen im Gesetz hinwirke. Es gelte abzuwägen, ob die positiven die negativen Seiten des Gesetzes überwögen. Bremen habe einen „sehr verantwortungsvollen Umgang“ mit dem Thema Abschiebehaft, so Ehmke.

Auf diese Position wollte die Linkspartei die rot-grüne Bremer Koalition nun auch für die Abstimmung im Bundesrat festnageln. Linken-Fraktionschefin Kristina Vogt lobte die geringe Zahl von etwa 60 Abschiebe-Häftlingen in Bremen in den letzten drei Jahren und erinnerte an den Beschluss der Bürgerschaft vom April 2013, die Abschiebehaft als Mittel abschaffen zu wollen, mindestens aber nach Alternativen zu suchen. „Das Problem ist, dass die Fälle von Abschiebehaft mit dem geplanten Gesetz sprunghaft nach oben gehen werden“, so Vogt. „Das finde wir gelinde gesagt perfide.“ Und: „Die Inhaftierten haben nichts verbrochen, sie sind nur geflohen.“

CDU-Innenpolitiker Wilhelm Hinners hielt dem entgegen, Vogt vergesse, dass es sich bei den „Schleuserbanden um schwerkriminelle, organisierte Kriminalität“ handele. Deutschland habe eine „im weltweiten Vergleich sehr liberale Aufenthalts- und Asylverfahrensregelung“. Um „weiterhin ohne Wenn und Aber Bürgerkriegsflüchtlinge aufnehmen zu können“, müssten die ausreisepflichtigen auch wirklich ausreisen – und dafür von der rechtlichen Möglichkeit der Abschiebehaft Gebrauch gemacht werden, so Hinners.  JPB