Polizeifunk: Digital ist besser

Ab 2008 wird das digitale Funknetz für die Sicherheitskräfte aufgebaut. Ursprünglich sollte es bereits 2006 funktionieren. Nun könnte es bereits technisch überholt sein, wenn es ab 2010 in Betrieb geht

VON OTTO DIEDERICHS

Berlins neuer Polizeifunk wird digital, verschlüsselbar und abhörsicher sein – ein Albtraum für Polizeireporter und Hobbylauscher. Zudem werden damit Verbindungen ins Telefonnetz und, in der letzten Ausbaustufe, auch die Übertragung von Daten möglich. Rund 35 Basisstationen werden dafür aufgebaut; bis 2010 bekommen die Sicherheitskräfte – Polizei, Verfassungsschutz, Feuerwehr und Rettungsdienste – 20.000 Endgeräte. Noch in diesem Jahr soll die erste Technik in Berlin ankommen, im nächsten Herbst soll der Probebetrieb starten.

Eigentlich sollte das System bereits zur Fußballweltmeisterschaft 2006 einsatzbereit sein. Doch jahrelanges Kostengerangel, Fehlentscheidungen und weitere Pannen in der Innenministerkonferenz (IMK) verhinderten dies. Im Juni hat man sich endlich geeinigt und Berlin zu einer von fünf Testgebieten, so genannten Referenzplattformen, erklärt.

Folgt man Charlotta Flodell, Projektleiterin der Referenzplattform, geht damit nicht nur die Zeit der alten störanfälligen Sprechfunkgeräte zu Ende, sondern auch die der „Sprechenden Steine“. So nennen Polizisten wegen des Gewichtes ihre 250 alten Digitalfunkgeräte, die in der Direktion 2 (Spandau, Charlottenburg, Wilmersdorf) schon seit 2000 getestet werden. Nach den Plänen von Flodells Team soll im ersten Quartal kommenden Jahres mit dem Neuaufbau begonnen werden.

Doch das erste Problem könnte bereits der Netzbetreiber, der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS sein, dem die IMK den Zuschlag erteilt hat. Der nämlich verfügt über keine eigene Erfahrung auf dem Gebiet des Digitalfunks. Deswegen hat er eigens dafür eine entsprechende Sparte aufgekauft. Besonders sicher scheint man sich dennoch nicht zu sein: An der Ausschreibung für die Digitalfunk-Errichtung beim G-8-Gipfel in Heiligendamm im vergangenen Juni hatte sich EADS gar nicht erst beteiligt. Dennoch zeigte sich Berlins Projektleiterin überzeugt, dass alles klappen wird, nachdem sie das kürzlich in Belgien errichtete EADS-Netz besichtigt hat.

Auf eine Übertragung von Fahndungs- und sonstigen Fotos auf die Endgeräte soll – bis auf Ausnahmen – verzichtet werden. Hierzu sei der Bildaufbau zu langsam, sagt Flodell. Sie streift damit unabsichtlich den zweiten Schwachpunkt. Wenn das System tatsächlich wie geplant bis 2010 landesweit einsatzbereit sein sollte, ist die Technik wohl schon wieder veraltet. Denn es wird längst an einer Nachfolgegeneration gewerkelt.

So hebt sie denn auch lieber die bisherigen Erfolge heraus: Als einziges Bundesland hat es Berlin in den Verhandlungen mit dem Bund geschafft, dass dieser die Kosten für die technische Grundausstattung komplett übernimmt. Das Land muss also lediglich die Endgeräte kaufen, die Funkzentralen ausstatten und dafür sorgen, dass auch in Gebäuden, Kellern oder sonstigen tiefen Löchern noch problemlos gefunkt werden kann. Dies wird insgesamt rund 50,6 Millionen Euro kosten. Glücklich ist Flodell auch damit, dass Berlin das Rahmenprogramm für die Schulungen entwickelt hat, nach dem bundesweit alle BeamtInnen an das neue System herangeführt werden sollen. Selbstsicher erklärt sie: „Berlin bleibt im vorgesehenen Zeitrahmen.“ Gemessen an ihrem Optimismus kann eigentlich nichts mehr schiefgehen, denn der reicht für drei.