Vielfachnutzen

Von aufgepeppten Windanlagen profitieren Betreiber, Anwohner und Gemeinden, die Gewerbesteuer kassieren

Immer wieder werden in bestehenden Windparks Altanlagen durch größere und leistungsfähigere Maschinen ersetzt. Das neue Energieeinspeisegesetz fördert die Aufrüstung, das so genannte Repowering, wenn die Energieausbeute mindestens verdreifacht wird. Allein 2006, so teilt das Bundesumweltministerium (BMU) mit, seien dadurch 140 Megawatt an Leistung hinzugekommen.

Beteiligt am Kräftesammeln ist der Anlagenhersteller Enercon. Mit den neuen Megawatt-Anlagen des Husumer Unternehmens setzt man etwa auf der Ostsee-Insel Fehmarn voll auf die Aufrüstung alter Anlagen.

„Wir halbieren die Zahl der Windenergieanlagen auf Fehmarn und steigern die Gesamtleistung von 45 auf 160 Megawatt“, bestätigt Karl Detlef, Landwirt und Vorstand der Betreibergesellschaft des Windparks Fehmarn-Mitte. Der Erfolg auf dem windumtosten Eiland verweist aber zugleich auf ein Problem. Denn auf dem Festland wurde in Deutschland bisher fast gar nicht „repowert“. Ohne die findigen Insulaner sähe auf diesem Sektor die Bilanz von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel also eher mau aus.

Im Nachbarland Dänemark war man in den letzten Jahren mit speziellen Förderprogramme für das Repowering sehr erfolgreich. In der Bundesrepublik dagegen scheint sich die Windkraft im Föderalismus zu verheddern: Während der Bund mit höheren Einspeisevergütungen den Einstieg in die Schwergewichtsklasse fördert, nehmen die Bauauflagen der Länder den Repowering-Willigen oft den Wind aus den Segeln.

An den meisten Standorten wären Anlagenhöhen von mehr als hundert Meter notwendig, damit die Mega-Windmühlen sich wirklich lohnen. Mit jedem Höhenmeter steigt die Energieausbeute – doch auch am Boden weht ein rauer Wind.

Denn viele Gemeinden wollen die Anlagenhöhe auf 100 Meter begrenzen. Geht man höher hinaus, ist nämlich „Befeuerung“ vorgeschrieben, um Flugzeuge zu warnen. Tagsüber weißes, nachts rotes Blinklicht: nach der „Verspargelung“ der Landschaft fürchten viele nun den verschärften „Disko-Effekt“.

Doch Rettung naht: Matthias Hochstätter vom Bundesverband WindEnergie e. V. (BWE) verweist darauf, dass seit Anfang dieses Jahres die Leuchtstärke bei guten Sichtverhältnissen erheblich gedrosselt werden darf. Ein weiteres Argument, mit dem man nun die Menschen vor Ort überzeugen möchte: Weil größere Rotoren langsamer laufen, beruhigt sich das Landschaftsbild.

Trotzdem sind derzeit viele Projekte in der Warteschleife. Ralf Peters vom Enercon-Konkurrenten Nordex sieht das Problem denn auch bei der Politik, nicht bei den Betreibern. „Aus Sicht der Hersteller gibt es eigentlich kein Repowering, wir stellen neue Anlagen auf, egal ob da vorher schon etwas gestanden hat oder nicht.“ Und fügt hinzu: wenn nicht in Deutschland, dann eben anderswo. Tatsächlich machen die deutschen Windkraftanlagen inzwischen einen Löwenanteil ihres Umsatzes im Ausland.

Mittelfristig sieht Peters in Deutschland keinen großen Markt, wenn man nicht vorher die genehmigungsrechtlichen Grundlagen vereinheitlicht. Beim BWE ist man deswegen auch optimistisch, das Problem bald in den Griff zu kriegen. Bund und Länder kämen um das Repowering gar nicht herum, meint Sprecher Matthias Hochstätter, wenn sie ihre ambitionierten Klimaziele erreichen wollten. Nicht umsonst hätten CDU/CSU und SPD neben Offshore-Windparks das Repowering ausdrücklich im Koalitionsvertrag genannt. Und die zu erwartenden Steigerungsraten könnten sich sehen lassen.

Die Gemeinden, auf deren Gebiet die neue Anlagen-Generation aufgestellt wird, hätten daran im Übrigen auch ein vitales Interesse: Mit jedem zusätzlich produzierten Megawatt, so Hochstätter, steigen die Gewerbesteuereinnahmen um rund 5.000 Euro. In den strukturschwachen Küstengebieten dürfte das am Ende das überzeugendste Argument sein. ANSGAR WARNER