Bundesgerichtshof: Hooligans sind kriminell

URTEIL Wer sich trifft, um sich zu prügeln, begeht Straftaten, so das Karlsruher Gericht

Für die Verteidigung handelt es sich um eine Art Kampfsport

KARLSRUHE | Organisierte Hooligangruppen sind in der Regel „kriminelle Vereinigungen“. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil. Er billigte damit im Wesentlichen die Verurteilung von fünf Mitgliedern der Hooligans Elbflorenz aus Dresden.

Eine kriminelle Vereinigung ist laut Strafgesetzbuch eine Gruppe, „deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen“ (Paragraf 129). Schon die bloße Mitgliedschaft kann mit bis zu fünf Jahren Haft oder Geldstrafe sanktioniert werden. Konkrete Straftaten müssen nicht nachgewiesen werden.

Ein wesentlicher Zweck der organisierten Hooliganszene ist es, sich mit anderen Hooligans zu prügeln. Weil die Stadien von Polizei und Ordnern gut bewacht sind, verabredet man sich oft an anderen Plätzen. Ein Kampf dauert in der Regel nicht länger als einige Minuten, solange bis klar ist, welche Gruppierung stärker ist.

Der BGH musste nun klären, ob solche Prügeleien als Körperverletzung strafbar sind. Die Verteidigung machte geltend, dass es sich hier um eine Art Kampfsport handele und alle Beteiligten in die Gefährdung ihrer Gesundheit einwilligten. Laut Strafgesetzbuch ist die Einwilligung in eine Körperverletzung aber irrelevant, wenn sie „gegen die guten Sitten“ verstößt (Paragraf 228).

„Angesicht der Pluralisierung der Gesellschaft ist es heute schwer festzustellen, was gegen das Anstandsgefühl verstößt und damit sittenwidrig ist“, sagte Jörg-Peter Becker, der Vorsitzende Richter des 3. Strafsenats. Der BGH hält die Einwilligung der Hooligans aber deshalb für sittenwidrig, weil der Gesetzgeber auch die „Beteiligung an einer Schlägerei“ unter Strafe stellt (Paragraf 231). Auf eine Einwilligung komme es dort auch nicht an, so Becker. Allerdings führt diese Norm auch nur dann zur Strafbarkeit, wenn jemand stirbt oder schwer verletzt wird. Diese Einschränkung des Gesetzes sei für die Feststellung der Sittenwidrigkeit aber egal, erklärte Becker in seiner Begründung.

Damit sind künftig alle Hooligangruppen als kriminelle Vereinigungen einzustufen, wenn sie sich regelmäßig mit anderen Hooligans zum Prügeln treffen und eine feste Organisationsstruktur mit Gruppenwillen haben.

Dass die Hooligans Elbflorenz, die inzwischen auch bei Pegida mitmischen, im Jahr 2008 auch drei türkische Imbisse in der Dresdner Neustadt überfielen, war nach Ansicht des BGH dagegen nicht vom Gruppenzweck gedeckt. Die Überfälle waren also keine Tat der kriminellen Vereinigung, auch wenn einige von deren Mitgliedern teilnahmen. (Az.: 3 StR 233/14) CHRISTIAN RATH