Stadtteil bleibt sauber

HIER NICHT Im bürgerlichen Hamburg-Harvestehude unterbinden Anwohner per Eilantrag den Bau einer Unterkunft für Flüchtlinge und Wohnungslose

Das Unternehmen ist gestoppt – vorerst. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat am Freitag einem Eilantrag von Anwohnern stattgegeben, die gegen eine Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Harvestehude geklagt haben. Damit ziehen zunächst nicht wie geplant 220 Flüchtlinge und Wohnungslose in ein ehemaliges Kreiswehrersatzamt in einer der teuersten Hamburger Wohnlagen ein.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, jene Sophienterrassen seien laut Bebauungsplan ein besonders geschütztes Wohngebiet. Die Kläger, deren Grundstücke im gleichen Block liegen wie die geplante Unterkunft, könnten sich auf den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch berufen. Bei einer Unterbringung von Wohnungslosen und Flüchtlingen handelt es sich aus Sicht der Richter nicht um eine Wohnnutzung im engeren Sinne: Dazu fehle es an der auf Dauer angelegten Häuslichkeit und an der Freiwilligkeit des Aufenthalts.

Daraus lasse sich „nicht ableiten, dass Gemeinschaftsunterkünfte in Wohngebieten generell nicht genehmigt werden“, so Andreas Lambiris vom Hamburgischen Oberverwaltungsgericht. Es werde immer der Einzelfall geprüft und in Harvestehude handele es sich mit Gemeinschaftsräumen und Mehrbettzimmern eher um eine soziale Einrichtung als um eine Wohnunterkunft.

„Es kann nicht angehen, dass sich einer von Hamburgs reichsten Stadtteilen aus der Verantwortung klagt“, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Katharina Fegebank. „Angesichts der Not vieler Flüchtlinge sollte sich jeder fragen, ob der eigene Gebietserhaltungsanspruch auch mal zurückstehen kann“, murrte auch SPD-Fraktionschef Andreas Dressel.

Die Anwältin und Harvestehuderin Hendrikje Blandow-Schlegel, die den Verein „Flüchtlingshilfe Harvestehude“ mit mittlerweile über 90 Mitgliedern gegründet hat, hält die Entscheidung für inhaltlich falsch und lebensfremd: „Kaum ein anderer Stadtteil eignet sich so gut für Flüchtlinge, um zur Ruhe zu kommen.“ Es sei enttäuschend, wenn sich einige wenige mit ihrer Sorge um fallende Grundstückspreise gegen viele durchsetzten.

Das Bezirksamt Hamburg-Eimsbüttel hat am Freitag einen vorläufigen Baustopp angekündigt – und eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.  ILK