SOUNDTRACK

Malcolm Bauld kann man ebenso in eine Rockband wie in eine Schar folkloristisch gestimmter Musikerinnen und Musiker setzen – in beiden Fällen wird er an Gitarre oder Piano stilistisch eine gute Figur machen. Nebenbei ist der seit längerem in Montreals Musik-Szene beheimatete Kanadier mittlerweile auch solistisch aktiv. Und hier schlägt dann beides gemeinsam durch: auf der einen Seite eine kaum überhörbare Prägung durch Traditional-Folk und Country, auf der anderen Seite seine starke Nähe zu Rock’n’Roll. In der Summe ergibt das eine Art Power-Folk mit Protest-Feeling, der schon aufgrund seiner Emphase weniger an klassisches Singer-Songwriting erinnert, und als gemindert rauhbeinige Version von Frank Turner, Chuck Ragan und Bruce Springsteen durchgeht. Ebenfalls solo, aber auch als Kollaborierende dabei: die aus Toronto stammende Abigail Lapell mit fragilem, stimmlich an frühe Cat Power erinnernden, Indie-Folk. Do, 6. 10., 20.30 Uhr, Strips & Stories, Seilerstraße 40

Als „Emo“ den Hardcore verließ, entstanden eine Vielzahl heute längst vergessener und eine Handvoll unsterblicher Bands, die dem Leiden und der Tragik eine zunehmend poppige Figur gaben. Zwischen den Vielen und den Wenigen lavieren seitdem auch Samiam, die eine Art Prototyp des Genres und seiner Entwicklung darstellen. Selbst als Hardcore-Band gegründet profitierten sie wie andere Bands von der US-amerikanischen Westküste Anfang der 1990er Jahre zunächst vom großen Erfolg, den Green Day mit der Popularisierung dieses Sounds hatten. Gleichzeitig standen sie von Beginn an aber auch für andere Bezüge, etwa für eine enge Verbindung von Collegerock und, sagen wir wie es ist, Stadion-kompatibler Hymne. Damit wurden sie zum Einflussgeber einer ganzen nachfolgenden Band-Generation, die sich vom Verdruss der Versonnenheit zuwandten. Es wird gesagt, dass Samiam später, zum Beispiel auf ihrer letzten Platte aus 2006, schlimmer klangen als ihre eigene Grabrede, also nicht einmal wie eine Zitatsammlung ihrer besten Momente, sondern wie ein Offenbarungseid. Jetzt ist aber eine neue Platte erschienen, auf der die frühen 90er so tun, als würden sie gerade erst beginnen. Und das ist schön und das passt auch mit seinen vielen Ahs und Ohs und guten Melodien auch gut zu diesem derzeitigen Wetter, von dem man ja auch nicht gedacht hätte, dass es sich zu einem solch späten Zeitpunkt noch mal zeigt. Fr, 7. 10., 20 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30

Amanda Rogers schleppt, seit sie die Bühne zunächst kleiner ranziger Indie-Schuppen, dann etwas größerer Clubs betreten hat, einen gewissen „Niedlichkeitsfaktor“ als Ballast mit sich herum, der zum einen aus der Kombination schwer-süßer Piano-Melodien mit Mädchen-Habitus entsteht. Zum anderen spielt aber vor allem eine Rolle, dass die aus New York stammende Endzwanzigerin ihre biographischen Wurzeln in der Hardcore-Szene besitzt und zunächst auch genau dort – umzingelt von lärmenden, männlichen Halbstarken, die sich für depressive Poeten halten – musikalisch platzierte. Man darf hier also Intention nicht mit Rezeption verwechseln und genau das scheint Frau Rogers selbst nur zu genau zu wissen. Jedenfalls ließ sie die Welt via Homepage einmal wissen: „Yes, I am girl on piano, but I assure you … it’s not what you think.“ Es war natürlich genau das, was da gedacht wurde, also „mal was anderes“. Umso besser, dass diese Zeiten nun vorbei sind. Umso noch besser, dass sie dies auf die nicht erwartbare Art geschehen ist. Im Laufe von mittlerweile vier Alben hat sich die Musik insgesamt zwar mehr und mehr von düsterner Reduziertheit zum Spiel mit poppiger Fröhlichkeit und Opulenz gewandelt, aber die großen Hallen und Magazine hat Frau Rogers dennoch nicht angesteuert und man wird den Verdacht nicht los, dass dies durchaus mit Absicht geschieht. Und auf der aktuellen Kurz-Tour durch die Lande hat die Künstlerin gleich jede Art von Band zu Hause gelassen und fährt solo einige Klein- und Kleinstorte ab, um dort zu reüssieren. Das wird ihr gelingen. Mi, 12. 10., 21.30 Uhr, Fundbureau Foyer, Stresemannstraße 200 NILS SCHUHMACHER