Immer aufwändigerer Küstenschutz

Bremens Deiche müssen erhöht werden, doch strittig ist, um wie viel – und von wem das zu bezahlen ist

Es ist eine politische Beteuerung, die ein wenig aufhorchen lässt: „Die Deiche“, sagte Bau-Staatsrat Wolfgang Golasowski gestern in der Bürgerschaft, „sind sicher“. Noch – muss man hinzufügen, denn der Meeresspiegel steigt infolge des Klimawandels, da sind sich die ExpertInnen einig. Strittig ist allein, wie stark. In Bremen ist bislang geplant, die Deiche in den kommenden zehn Jahren um 25 Zentimeter zu erhöhen – doch das wird wohl nicht reichen. Doch schon hierfür fehlt in Bremen das Geld.

Mindestens 100 Millionen Euro muss Bremen in seine Deiche investieren, um gegen zu erwartende häufigere wie höhere Sturmfluten gewappnet zu sein. So steht es auch im „Generalplan Küstenschutz“. Doch nicht nur seitens der FDP-Opposition, auch aus Reihen der Grünen werden Zweifel laut, ob selbst diese Summe reichen wird. Mit Mehrkosten von bis zu 40 Millionen Euro sei zu rechnen, sagt die Grünen-Umweltpolitikerin Karin Mathes. „Das kann Bremen allein nicht schultern.“

Zwar ist der Küstenschutz eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern – und der Bund laut Senat verpflichtet, fast drei Viertel der Kosten zu übernehmen. Doch bislang kommt er dem nicht annähernd nach: Bis 2006 bekam Bremen lediglich gut eine Million Euro pro Jahr aus Berlin, und auch für das laufende Jahr sind nur knapp zwei Millionen Euro an Bundesmitteln zu erwarten. Zwar fördert auch die EU den Küstenschutz, in den Jahren 2008 bis 2013 stehen aber auch aus Brüssel nur 3,5 Millionen Euro zur Verfügung. Und während die Bremer CDU nun den Bund „stärker in Pflicht nehmen“ will, möchte die Linkspartei auch die „Nutznießer“ der Deiche – etwa die Versicherungsgesellschaften – zur Kasse bitten.

Niedersachsen hat unterdessen angekündigt, seine Deiche nicht nur um einen viertel, sondern einen halben Meter zu erhöhen. Das Land reagiert damit auf die Warnungen der ExpertInnen: Der UN-Klimarat geht von einer Erhöhung der Meeresspiegel von bis zu 59 Zentimetern aus, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung spricht sogar von maximal zwei Metern – bis zum Jahr 2100.

SPD und Grüne zeigten sich gestern irritiert ob der Pläne aus Niedersachsen, die Grünen forderten „den Gleichklang“ mit dem Nachbarland ein, die SPD kritisierte den „einseitigen“ Vorstoß aus Niedersachsen. Er setzt Bremen unter Druck. Zwar sehen neben der FDP auch die Grünen die bisherigen Planungen für Bremen als „nicht ausreichend“ an. Doch darauf reagiert hat der rot-grüne Senat bislang nicht. Und auch Golasowski will erst einmal abwarten. mnz

Heute, 19.30 Uhr, Paradox: „Klimawandel, Küstenschutz und Weservertiefung – passt das zusammen?“ Debatte mit Deichhauptmann Michael Schirmer